Kommuniqué der Besetzung des Panthéon in Paris

veröffentlicht am 14. Juli 2019

Gestern besetzten rund 1000 Sans-Papiers das Panthéon in Paris. Die Bullen räumten die Besetzung mit brachialer Gewalt, ein Demonstrant hatte ein gebrochenes Bein, etliche mussten von der Ambulanz versorgt werden, es kam zu 37 Verhaftungen. Genau wie die bürgerlichen Propagandaorgane in Frankreich spricht natürlich auch die NZZ von einer Räumung "ohne Zwischenfälle" und verschweigt die Polizeigewalt, abgesehen von einer Erwähnung des Tränengases und einer vagen Anspielung auf die Verletzten. La Chapelle Debout ist auch keine "Hilfsorganisation", wie die gehobene liberale Bourgeoisie aus ihren Villen blickend dieses Kollektiv fälschlicherweise wahrnimmt, das in Wirklichkeit ein selbstorganisiertes Kollektiv kämpfender Sans-Papiers ist und gemeinsam mit dem Kollektiv Droits Devant!! die Besetzung organisiert hat. Die deutsche Übersetzung ihres Kommuniqués:

Die Toten stehen auf!

Heute besetzen wir, EinwanderInnen, Sans-Papiers, BewohnerInnen der Heime, MieterInnen der Strasse, das Pantheon

Wir sind ohne Papiere, ohne Stimme, ohne Gesichter für die französische Republik. Wir kommen zum Grab eurer grossen Männer, um eure Profanierungen zu denunzieren, die Profanierung des Gedenkens an unsere GenossInnen, an unsere Väter und Mütter, an unsere Brüder und Schwestern im Mittelmeer, in den Strassen von Paris, in den Heimen und den Gefängnissen. Frankreich führt die Sklaverei auf eine andere Art und Weise weiter. Unsere Väter starben für Frankreich. Und jene, welche tot sind, sind tot. Verantwortlich sind die Lebenden, jene, welche heute die Macht haben. Und mögen die Toten in Frieden ruhen.
Vorgestern griffen wir die Grenze an, indem wir das Terminal von Air France im Flughafen Charles-de-Gaulle besetzten. Dort packt uns die Polizei in Flugzeuge nach Algier, Dakar, Khartum, Bamako oder Kabul. Dort ist Djiby deportiert worden!
Gestern haben wir den Turm von Elior im Quartier La Défense und das Arbeitsministerium gestürmt. Wir haben den Bossen, die uns erniedrigen und uns den Rücken brechen, folgende Botschaft gebracht: Die Angst hat die Seite gewechselt!
Heute machen wir weiter damit, zurückzuschlagen, gegen den Staat und seinen Rassismus, in Frankreich und Europa.
Wir sind hier, um unsere Würde zu verteidigen! Wir werden niemanden mehr anflehen und wir werden unsere Rechte durch die Kraft des Kampfes entreissen!
Wir sind gekommen, um euch zu sagen, dass die Devise Frankreichs gegenüber Ausländern Erniedrigung, Ausbeutung, Deportation ist. Jenes Frankreich, das dort gegen uns Krieg führt, unsere Rohstoffe plündert und gemeinsam für und mit unseren korrupten Staaten Entscheidungen trifft. Jenes Frankreich, das hier gegen uns Krieg führt.

Wir besetzen

Weil in Paris 200‘000 Wohnungen leer stehen und unsere Liebsten unter dem Autobahnkreuz der Ringstrasse schlafen, weil das Bürgermeisteramt gestern die Wege zum Lagerplatz Avenue Wilson in Saint-Denis verbarrikadiert hat.
Weil die Polizei im Heim von Thiais genau wie in allen anderen am Morgen Razzien durchführt und sogar die Zimmer der Bewohner durchsucht werden.
Weil wir die Freilassung all unserer GenossInnen der Schwarzwesten in den Abschiebungszentren und aller anderen verlangen.
Für die Abschaffung dieser Knäste für Ausländer!
Wir kämpfen nicht nur für Papiere, sondern gegen jenes System, welches Sans-Papiers erschafft.
Wir werden keinen Bullen oder Schalterangestellten mehr bezahlen, um einen Termin zu bekommen.
Wir wollen nicht mehr mit dem Innenministerium und seinen Präfekturen verhandeln

Wir wollen mit dem Premierminister Édouard Philippe sprechen,
jetzt!

Wir werden hier bleiben bis alle von uns Papiere haben und alle, die nach uns kommen werden, das Recht haben, zu bleiben!
An all jene, die revoltieren, sei es hier, im Sudan oder in Algerien,
An unsere GenossInnen, an alle, die gegen die Ausbeuter kämpfen,
An alle, die denken, dass kein Mensch illegal ist,
An alle, die es satt haben, alle fünf Jahre der äusseren Rechten Steine in den Weg legen zu müssen,
und davon überzeugt sind, dass der kommende Kampf gegen den Rassismus jener gegen den bestehenden Rassismus sein wird.

Papiere und Wohnungen für alle!
Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit!
Es lebe der Kampf der Schwarzwesten!
Kämpfende Schwarzwesten
Droits Devant!! und Kollektiv La Chapelle Debout

Quelle

Kollektiv La Chapelle Debout auf Twitter

Ihr Blog

Übersetzt aus dem Französischen von Kommunisierung.net

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