Stellungnahme der Aktivist*innen zur Protestaktion bei oe24

veröffentlicht am 9. Juli 2021

Wir Aktivist*innen möchten uns nochmals zu der Protestaktion letzten Mittwoch, in den Verkaufsräumen von oe24, äußern.

Wir haben von unterschiedlichsten Seiten Kritik erfahren, natürlich von oe24 selbst, aber auch einem Verein wie Concordia, der sich um Pressefreiheit und Demokratie bemüht.

Und nicht zuletzt werden wir auch beschuldigt, den grausamen Mord an Leonie rechtzufertigen. Das ist und war nie unsere Absicht.

Uns ging es vor allem darum, auf die abstruse Berichterstattung von Femiziden bei oe24 aufmerksam zu machen. Diese werden als Liebesdramen und Beziehungskrisen dargestellt, was die Tatsache verharmlost, dass hier Frauen bzw. FLINTAs gewaltsam ermordet wurden.

Dass wir mit einem einfachen Protest wie diesem, ohne verwaltungsstrafrechltiche oder sogar strafrechtliche Grenzen überschritten zu haben, so eine große Medienreichweite bekommen erstaunt uns. Noch mehr erstaunt uns die Degradierung des Protests. Wir wurden als gewalttätig und aggressiv dargestellt, was es natürlich leichter macht die Aktion als Angriff auf die Pressefreiheit zu deuten.

Absurderweise ist die einzige Person, die am Mittwoch gewaltsam angegriffen wurde eine Aktivistin. Ein oe24 Mitarbeiter hat sie geschubst, was auch im Video gut zu sehen ist.

Doch bei Berichterstattung von Boulevardmedien geht es nicht um Fakten oder Wahrheit, sondern es geht darum, so schnell wie möglich das Bild über eine Aktion oder eine Sensation zu beeinflussen und zu verbreiten.

Umso bedenklicher finden wir, dass genau diese Medien besonders viel Medienförderung und zusätzlich auch Inseratschaltungen von der Regierung erhalten. Oe24 ist damit mittlerweile das einflussreichste Medium in Österreich.

Und genau deshalb haben wir als Ort unserer Aktion nicht die Redaktion, sondern die Verkaufsräume von Oe24 gewählt, um auf diese unverhältnismäßige staatliche Subventionierung aufmerksam zu machen.

In der Aktion ging es uns darum, die Femizid-Berichterstattung an sich in den Blick zu nehmen. Wir möchten darauf hinweisen, dass Sprache sowie die Art der Berichterstattung Denken und Wahrnehmung in unserer Gesellschaft formt. Wir fordern einen verantwortungsvollen und bewussten Journalismus, also im Prinzip das Gegenteil von der Beschränkung der Pressefreiheit. Das Argument der Pressefreiheit darf nicht dazu dienen, jegliche Kritik an Journalismus zu unterbinden. Denn Pressefreiheit heißt auf alle Fälle nicht Freiheit von Kritik.

Die Boulvardmedien, darunter ist oe24 nur eines von vielen, profitieren von einem Sensationsjournalismus, der menschenrechtlich bedenklich ist. Dabei werden vor allem sexistische, als auch rassistische Narrative bedient und verstärkt.

In der Berichterstattung von oe24 wurde auch verschwiegen, dass nur Frauen bzw. FLINTA-Personen am Protest beteiligt waren. Wir sind uns sehr wohl bewusst, was es heißt von Sexismus betroffen zu sein. Dass oe24 damit größte Probleme hat und deren Chef Wolfgang Fellner in einigen Verfahren wegen sexueller Belästigung beschuldigt wird ist ein weiterer Grund, warum es einen feministischen Protest in diesem Boulevardmedium braucht.

Als feministische Aktivist*innen setzen wir uns für die Rechte von FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, Inter, Trans und Asexuelle Personen) ein und bemühen uns für eine Gleichstellung aller Geschlechter. Doch nach wie vor werden Femizide – Morde an Frauen oder FLINTAs verharmlost in dem sie als Liebesdramen und Beziehungskrisen dargestellt werden. Es ist unglaublich, dass in Österreich jährlich im Schnitt 30 Frauen ermordet werden und das meistens von Angehörigen oder Partnern.

Oe24, aber auch andere Boulevardmedien, berichten darüber verharmlosend, es sei denn sie können wie im Fall Leonie auf rassistische Motive zurückgreifen. Dass die allermeisten Frauen aber von „österreichischen“ Männern umgebracht werden, wird dabei ausgeklammert.

Wir erwarten uns eine kritische Prüfung der Berichterstattung von oe24 und anderen Medien, die diese unhinterfragt übernommen haben.

bitte verbreiten

Weiterlesen

zum Thema Anti-Rassismus:

zum Thema Anti-Faschismus:

zum Thema Feminizid / Femizid: