Von der Trauer zur Wut

veröffentlicht am 23. Februar 2020

Am Mittwoch wurden neun Menschen hingerichtet.
Diese grausame Tat ist der Auswuchs einer auf Grausamkeit basierenden Gesellschaft. Das Attentat von Hanau ist die letzte Konsequenz des gesamtgesellschaftlichen Rassismus. Deshalb sind die Geschehnisse zwar schockierend und verstörend, doch sind sie nicht unvorstellbar oder unvorhersehbar.

Die Struktur des Kapitalismus muss Menschengruppen abwerten um ihre Ausbeutung zu legitimieren. Rassismus erlaubt nicht nur, dass es im Globalen Norden zu ungleichen Lohnauszahlungen oder zu Ausbeutung von illegalisierten Menschen kommen kann sondern auch, dass es fast „natürlich“ wirkt wenn die globale Wertschöpfungskette Arbeitskraft und Ressourcen im Globalen Süden ausschlachtet. Wie wären diese Umstände denkbar, wenn wir tatsächlich in einer „Welt von Gleichberechtigen“ leben würden?

Die Opfer in Hanau starben durch die Hand eines rechtsextremen Täters. Hinter der Hand am Abzug steckt aber kein „Wahnsinn“, sondern zunächst die institutionalisierte Hetze von rechtsextremen Parteien (wie AfD und FPÖ). Diese Parteien haben den denkbar einfachsten Weg gewählt und versuchen an bereits vorhandene Ungleichheiten anzuknüpfen und diese zu verstärken. In der Gedankenwelt des Täters, in den Inhalten der rechtextremen Parteien und anderen Rechtsaußen Gruppierungen kristallisiert sich in aller Klarheit der gesamtgesellschaftliche Rassismus.

Diese rassistische Herabsetzung haben wir alle verinnerlicht und tragen sie mehr oder weniger offen zur Schau. Auch wenn wir von anderen Diskriminierungen betroffen sind (wie zum Beispiel Sexismus) profitiert doch ein Großteil der Menschen im Globalen Norden von den Globalen Ausbeutung, welche auf Rassismus aufbaut.

Was bedeutet das für eine revolutionäre, antagonistische Perspektive auf die derzeitigen Umstände? Zunächst muss klar werden, dass wir alle (weiße) diesen Rassismus in uns tragen! Die soziale Revolution muss diesem Umstand gerecht werden und versuchen den Diskriminierungen entgegenzutreten. Für diesen individuellen als auch kollektiven Prozess gibt es kein Rezept. Es ist ein sehr schmerzhafter, unabschließbarer aber unumgänglicher Weg, der beschritten werden muss, um der befreiten Gesellschaft näher zu kommen.

Neben der Reflexion nach Innen müssen auch die reaktionären, rassistischen Gegner*innen analysiert und bekämpft werden. Ihnen entgegenzutreten darf nicht bedeuten den Status-Quo zu verteidigen. Nach dem Terror von Hanau empört sich fast die gesamte Öffentlichkeit und verortet den Rassismus im rechtextremen Außen. Dies kann sogar dazu beitragen, dass sich Alltagsdiskriminierungen oder strukturelle Ausbeutung noch weiter verfestigen, weil sie nicht als Rassismus benannt werden.

Die rechtsextremen Ideologien könnten aber auch durchaus ein Gelegenheit sein um der Mehrheitsgesellschaft ihre innersten Widersprüche aufzuzeigen und die Menschverachtung des Kapitalismus deutlich zu kennzeichnen. Doch die Toten von Hanau zeugen vom Versagen dieses Ansatzes. Für sie ist es längst zu spät. Seit Jahrhunderten sterben Menschen in Sklaven*innenketten, im Mittelmeer, in Sweatshops und auch durch die Hände rechtsextremer Täter*innen. Es ist also längst an der Zeit den reaktionären Gegner*innen und den kapitalistischen Umständen, die sie immer wieder hervorbringen mit aller Härte und allen Mitteln entgegenzutreten!

Dabei können wir uns aber nicht auf den Staat stützen, dessen Verwicklung in die rassistische Unterdrückung es ihm unmöglich macht emanzipatorische Bestrebungen tatsächlich zu unterstützen. Die Trauer über die Morde in Hanau müssen zu Wut werden, damit wir endlich vom Widerstand in den Angriff übergehen können, um einen ernsthaften Versuch anzugehen alle unterdrückenden Strukturen niederzuringen.

Für einen revolutionären Antifaschismus im Herzen des Ungeheuers!

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