Die ÖVP und der Austrofaschismus

veröffentlicht am 4. Juni 2023

Das war am 12.05.2023 unsere Rede auf der Anti-ÖVP Kundgebung von UNTER PALMEN zu ihrem neuen Projekt:

In Texing in Niederösterreich steht Österreichs einziges Dollfuß-Museum. Es ist allerdings kein allgemeines oder gar kritisches Museum über den Austrofaschismus, sondern widmet sich vielmehr dem „Erneuerer Österreichs“, wie es auf einer Marmortafel vor dem Haus heißt. Es ist ein regelrechter Kult, der dort um den Austrofaschisten betrieben wird – sogar Erde aus dem Dollfuß-Grab in Wien wird dort ausgestellt. Im Gästebuch verewigen sich Dollfuß-Fans, die dem „großen Märtyrer“ für dessen Werk danken und sich wieder einen „starken Führer“ wünschen, um gegen Migrant*innen vorzugehen.
Betrieben wird die als Museum getarnte Huldigungsstätte von Gerhard Karner, dem Innenminister Österreichs.

Am 1. März 1933 führte eine Geschäftsordnungsdebatte im Parlament zum Rücktritt der drei Parlamentspräsidenten. Engelbert Dollfuß, der damalige Bundeskanzler der Christlich Sozialen Partei, also der Vorgänger Partei der ÖVP, nutzte das aus: Als zwei Wochen später das Parlament erneut tagen wollte, setzte die Dollfuß-Regierung die Polizei samt Waffengewalt ein, damit die Abgeordneten nicht zusammentreten konnten. Im Mai 1933 schaltete er den Verfassungsgerichtshof aus – womit er die unabhängige Rechtssprechung einstampfte – und erklärte Österreich zum „Ständestaat“.
Im selben Jahr wurden NSDAP und KPÖ verboten. Die Heimwehr, eine paramilitärische Organisation der Christlichsozialen Partei sorgte für Angst, Schrecken und Tote.
Das war der Beginn des Austrofaschismus in Österreich.

Gegner*innen der Diktatur ließ Dollfuß verfolgen und in Anhalte-Lager einsperren. Im November 1933 führte Dollfuß das „Standrecht“ – also Verurteilungen ohne Verfahren – samt Todesstrafe ein.
Per Notverordnung weitete er die Todesstrafe am 12. Februar 1934 auf den Tatbestand des „Aufruhrs“ aus – und ließ nach den Februarkämpfen 1934 auf dieser Basis Überlebende hinrichten. 21 Arbeiter-KämpferInnen wurden zum Tod verurteilt.

Dollfuß war selbst auch überzeugter Antisemit. Er schlug bereits 1920 einen „Arierparagraphen“ für den Cartellverband vor. Jüdinnen und Juden sollten aus dem Verband gedrängt werden. Ab 1933 wurden viele jüdische Beamte aus dem Dienst entlassen und per Erlass eigene Schulklassen für jüdische Kinder errichtet.

Dem aufsteigenden Nationalsozialismus hatte der Austrofaschismus wenig entgegenzusetzen. Die Austrofaschisten versuchten den österreichischen Ständestaat als den „besseren deutschen Staat“ erscheinen zu lassen. Dieser „Konkurrenz-Faschismus“ hatte jedoch wenig Erfolg. Die Nationalsozialisten gewannen immer mehr Zuspruch im austrofaschistischen Österreich.
Als Soldaten der Wehrmacht nur vier Jahre nach den Februarkämpfen die Grenze nach Österreich überschritten, wurde von der austrofaschistschen Regierung kein Widerstand geleistet. Die demokratischen Kräfte waren verboten und zerschlagen. Durch die Zerstörung der Demokratie in Österreich, haben die Konservativen Hitler den Weg geebnet.

Sowie man in Österreich kaum von einer Aufarbeitung des Nationalsozialismus reden kann, so wenig hat die ÖVP den Austrofaschismus aufgearbeitet. Im Gegenteil, noch heute wird der Faschist Engelbert Dollfuß von der ÖVP gehuldigt und verharmlost.
Andreas Kohl, ehemaliger Bundespräsidentschaftskandidat der ÖVP sagte:
„Dollfuß war ein österreichischer Patriot. Er ist im Kampf gegen den Nationalsozialismus als erster Blutzeuge ermordet worden. Die ÖVP hält ihn in höchstem Ansehen. und er habe die Demokratie aus Notwehr abgeschafft.“
Und dieses Narrativ ist keine Seltenheit in der ÖVP, auch Erwin Pröll, ehemaliger Landeshauptmann Niederösterreichs verkündete, dass Dollfuß unbestritten ein großer und mutiger Patriot im verzweifelten Abwehrkampf gegen den Nationalsozialismus war.“

Bis 2017 hing im Klubsitzungssaal der ÖVP ein großes Porträt von Engelbert Dollfuß – in einer Reihe mit anderen Christlich-Sozialen und späteren ÖVP-Politikern.
Dollfuß war zu Lebzeiten Mitglied der katholischen Studenten-Verbindung Franco-Bavaria in Wien. Noch heute trauern deren Mitglieder um ihren „Bundesbruder“ Dollfuß. Über Jahre hinweg legte die ÖVP am 25. Juli, dem Todestag von Dollfuß, Blumen auf dessen Grab am Hietzinger Friedhof.

Doch genauso wenig uns die rassistische und queerfeindliche Politik der ÖVP verwundert, sowenig wundert uns die fehlende Aufarbeitung des Austrofaschismus.
Sie beschreibt eine Kontinuität innerhalb der ÖVP und innerhalb Österreichs.
Der Faschismus und Rechtsextremismus, deren menschenverachtende Ideologien bedeuten keinen Bruch zum Konservatismus der ÖVP, sondern sind die Zuspitzung dieser.

Als Antifaschist*innen müssen wir faschistische Kontinuitäten aufzeigen und bekämpfen.
Gegen die rassistische, antifeministische und queerfeindliche Hetze der ÖVP!

Organisieren wir die Antifaschistische Aktion!

von gfoa - gruppe für organisierten antifaschismus [wien]

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