3 Jahre paradox-a.de

veröffentlicht am 2. Juli 2023

Seit mittlerweile 3 Jahren betreibe ich den blog paradox-a.de. Bevor ich ihn gestartet habe, hatte ich schon einige Texte verfasst und an verstreuten Orten publiziert. Ursprünglich war es mir ein Anliegen, einen digitalen Ort zu haben, um meine Texte zu sammeln.

Weiterhin wollte ich Menschen auf den mittlerweile über 120 Veranstaltungen, die ich zu anarchistischen Themen gegeben habe einen Anknüpfungspunkt geben, um meinen Aktivitäten zu folgen. Auf twitter und dergleichen hatte ich keinen Bock. Bei mastodon habe ich mich noch nicht eingefunden. Abgesehen davon, dass es sich bei derartigen Plattformen um Werkzeuge handelt, bin ich skeptisch gegenüber der Schnelllebigkeit und damit reduzierte Aufmerksamkeitsspanne. Denn sie verhindert eine kontinuierliche und zielgerichtete Organisierung gegen die vereinzelnden und niederschmetternden Bedingungen der Herrschaftsordnung. Gleichzeitig ist mir klar, dass man mit einem Blog zu anarchistischer Theorie und dem Textformat heute keine größere Anzahl von Menschen erreichen kann, sondern dies immer ein Szene-Vorhaben und in diesem Sinne eine gewisse Selbstbespaßung bleiben wird. Auf einen eigenen Podcast habe ich Lust, aber nicht die Kapazitäten, so etwas in zufriedenstellendem Maße aufzuziehen und umzusetzen.

Trotzdem veröffentliche ich auf dem Blog neben Buchbesprechungen und grundsätzlichen Überlegungen auch aktuelle Hinweise und konnte den einen oder anderen Akzent setzen. Damit habe ich mir eine gewisse Leser*innenschaft erschlossen, bin aber auch auf die Weiterverbreitung meiner Inhalte angewiesen. Mein Projekt besteht in der Verbreitung, Erneuerung und Anwendung anarchistischer Theorie mit dem Ansatz der anarchistischen Synthese und der Herangehensweise eines Anarchismus ohne Adjektive. Leider betreibe ich das Ganze nach wie vor größtenteils alleine, würde mich aber über Gastbeiträge freuen, die am Stil, den Inhalten und der Perspektive aus welcher ich schreibe, anknüpfen. Schreibt mir gerne eine Email, wenn ihr Ideen habt.

Mein Anspruch war es nie, „den“ Anarchismus schlechthin zu „vertreten“, sondern einem Strang und einer Sichtweise in ihm Gehör zu verleihen und diese zu unterfüttern. Daher steht mein Blog in keiner Konkurrenz zu anderen Medien, deren sich Anarchist*innen bedienen und soll im Gegenteil den Austausch zwischen ihnen fördern. Zudem widme ich mich der großen Aufgabe, eine fundierte theoretische Beschäftigung zur Interpretation von sozialen Bewegungen und ihren Kämpfe anzuwenden. Daraus werden wiederum Erkenntnisse für das Projekt der umfassenden Emanzipation gewonnen. Es ist mir ein Anliegen, im deutschsprachigen Raum, Personen zu versammeln, die außerhalb des akademischen Kontextes anarchistische Theorie produzieren, Zusammenkünfte zu organisieren und damit zum Selbstbewusstsein und der Orientierung dieser Szene beizutragen. Meiner Vorstellung nach würde dies zur Eigenständigkeit und Selbst-Bewusstwerdung der anarchistischen Szene beitragen. Ob dies jemals gelingen wird bleibt abzuwarten.

Es gibt verschiedene anarchistische Personen, die sich über meine Aktivitäten lustig machen oder mich dafür hassen. In meinen Augen liegt der Hauptgrund dafür darin, dass sie Anarchismus als Ideologie begreifen, die der Integration ihrer weltfremden Sekten dient, deren Zugänge sie eifersüchtig bewachen. Dort, wo es darum geht, sich vor Repression zu schützen, finde ich das auch nachvollziehbar. Darüber hinaus aber im Wesentlichen lächerlich. Ich habe dahingehend eine völlig andere Wahrnehmung und Sichtweise. Ich glaube daran, dass anarchistische Gedanken, Praktiken und Perspektive großen Gehalt zur grundlegenden Transformation der bestehenden Gesellschaftsform haben. Deswegen vertraue ich darauf, dass sich Menschen in Debatten selbst Meinungen bilden können. Aus diesem Grund versuche ich Debatten anzuregen und sie auf eine solidarische und respektvolle Weise zu führen. Meine selbstgewählte Aufgabe als C-Klasse Intellektueller sehe ich darin, anarchistisches Denken zu strukturieren, dafür Begriffe zu finden, es zu vermitteln, Sympathien dafür zu erzeugen und seinen Gegner*innen entgegen zu treten. Dies soll dazu helfen, Bewusstsein zu bilden, sich zu organisieren und zu ermächtigen.

Darüber hinaus scheint es so, dass eine marxistisch geprägte Theorie-Linke in der BRD lieber an ihren hermetisch abgeschlossenen Gedankengebäuden erstickt, statt sich die Frage zu stellen, wozu ihre Theorie für Aktive in sozialen Bewegungen effektiv hilft. Theoriearbeit ist ein schwieriges Feld, dient sie doch häufig zur Welterklärung vereinzelter Träumer*innen, zur Selbstbestätigung der eigenen Wahrheiten, mit der man sich anmaßt, anderen die Welt zu erklären, oder zur Anhäufung kulturellen Kapitals. Statt diesem leider häufig anzutreffenden dogmatischen Theorie-Verständnis, versuche ich ein pragmatisches Verhältnis zur Theoriearbeit zu gewinnen – und sie damit weder über- noch unterzubewerten. Anarchistische Theorie muss nicht nur dem Inhalt, sondern auch der Form und Methode nach dahingehend Unterschiede machen – und befindet sich zugleich in den Widersprüchen einer ausdifferenzierten, schnelllebigen, hierarchischen und Konkurrenz-basierten Gesellschaftsform. In diese Widersprüche begebe ich mich hinein und finde dabei Interessantes heraus, dass ich gerne teilen und weitergeben möchte, um Bewusstseinsbildung, Organisierung und Ermächtigung voranzubringen.

Falls ihr euch einen Überblick verschaffen wollt, hier ein paar Highlights aus dem letzten Jahr. Ansonsten schaut auch so gerne mal auf meinem Blog vorbei.

das Autor

Juli 2022
Warum Anarchist*innen endlich von der Fiktion einer befreiten Gesellschaft wegkommen müssen (https://paradox-a.de/allgemein/warum-anarchistinnen-endlich-von-der-fiktion-einer-befreiten-gesellschaft-wegkommen-muessen/)

August 2022
Kapitalismus – adaptiv statt adipös? (https://paradox-a.de/allgemein/kapitalismus-adaptiv-statt-adipoes/)
(Anti-)Politik und der kommunistische Anarchismus (https://paradox-a.de/allgemein/anti-politik-und-der-kommunistische-anarchismus/)

September 2022
Anarch@-Syndikalismus und (Anti-)Politik (https://paradox-a.de/texte/anarch-syndikalismus-und-anti-politik/)

Oktober 2022
systematisch produzierte Hoffnungslosigkeit (https://paradox-a.de/allgemein/systematisch-produzierte-hoffnungslosigkeit/)
Basics of Anarchism (https://paradox-a.de/allgemein/basics-of-anarchism/)

November 2022
ausgefunkt – Wie der Trotzkismus sich selbst entlarvt (https://paradox-a.de/texte/ausgefunkt-wie-der-trotzkismus-sich-selbst-entlarvt-2/)
Talk about our demonstrations (https://paradox-a.de/texte/talk-about-our-demonstrations-2/)

Januar 2023
Bewegungslinke, Anarchismus und (Anti-)Politik (https://paradox-a.de/texte/bewegungslinke-anarchismus-und-anti-politik/)
Das Soziale und die Gemeinschaft gestalten (https://paradox-a.de/texte/das-soziale-und-die-gemeinschaft-gestalten-2/)

Feburar 2023
(Anti-)Politik im individualistische Anarchismus (https://paradox-a.de/allgemein/anti-politik-im-individualistischen-anarchismus-2/)
Egoismus vs. Plattformismus – zwei Seiten derselben Medaille? (https://paradox-a.de/texte/egoismus-vs-plattformismus-zwei-seiten-der-selben-medaille/)

März 2023
Zur Kritik der ultra-orthodoxen Apologetik (https://paradox-a.de/texte/zur-kritik-der-ultra-orthodoxen-apologetik/)
Anarcho-Chefs und ihre sozialen Rollen (https://paradox-a.de/allgemein/anarcho-chefs-und-soziale-rollen/)

April 2023
(Anti-)Politik als Möglichkeit (https://paradox-a.de/texte/anti-politik-als-moeglichkeit/)
Die Befreiung des Schnabeltiers denken (https://paradox-a.de/allgemein/die-befreiung-des-schnabeltiers-denken/)

Mai 2023
Freiheit und Gesetz (https://paradox-a.de/allgemein/vom-luxus-der-freiheit-sich-der-beschaeftigung-mit-dem-gesetz-entziehen-zu-koennen/)
The anarchist synthesis in a nutshell (https://paradox-a.de/texte/the-anarchist-synthesis-in-a-nutshell-2/)

Juni 2023
Notizen zur Konstruktion und dem affirmativen Charakter der Bezeichnung „Aktivismus“ (https://paradox-a.de/allgemein/zum-konstruktion-und-dem-affirmativen-charakter-der-bezeichnung-aktivismus/)
Konfliktlinien und ihre Zuspitzung (https://paradox-a.de/allgemein/konfliktlinien-und-ihre-zuspitzung/)

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