Broschüre: Anarchist:innen an der Front gegen Russlands Krieg

veröffentlicht am 3. August 2023

Broschüre zum anarchistischen Widerstand gegen den russischen Angriffs-krieg in der Ukraine. Ausgabe für das anarchistische Treffen in St-Imier 2023.
Diese Broschüre hat nicht den Anspruch einen kompletten Überblick zu den Antikriegsinitiativen zu geben. Sie gibt lediglich einen kleinen Einblick in einige von ihnen.

WARUM GIBT ES DIESE BROSCHÜRE?
Der Kongress von Saint-Imier markierte den Beginn einer organisierten anarchistischen Bewegung. Die Genoss:innen, die sich 1872 in Saint-Imier versammelten, legten eine Strategie fest, wie der Föderalismus zu erreichen sei. Ihr Plan sah vor, einen wirtschaftlichen Kampf außerhalb der Institutionen zu führen, um die Produktionsmittel zu übernehmen und sie zu kollektivieren.
150 Jahre später teilen viele von uns das Ziel einer horizontal und von unten nach oben organisierten Gesellschaft, einer direkten oder radikalen Demokratie, die sich aus föderalen Kollektiven zusammensetzt. Die Art der Strategie, die wir brauchen, um diese Ziele zu erreichen, muss diskutiert werden. In einer Welt, die sich immer schneller verändert und uns von einer Krise in die nächste treibt, ist es für uns schwierig, für jede neue Situation eine Strategie zu entwerfen. Das Fehlen einer Strategie wiederum macht es schwierig, den Horizont der Gesellschaft zu erkennen, die wir aufbauen wollen. Dies führt zu Hoffnungslosigkeit und Erschöpfung. Aber gewalttätige Krisen schaffen Brüche im System und Chancen für diejenigen, die bereit sind, sie zu nutzen.
Das jüngste Beispiel ist die Rojava Revolution. Dort wo revolutionäre Gruppen, die seit Jahrzehnten in der Region organisiert waren, die Institutionen übernehmen konnten, als der syrische Staat während des Bürgerkriegs zusammenbrach. Inmitten des Kampfes gegen den sog. Islamischen Staat und den türkischen Staat erblühte eine neue Gesellschaft, die auf direkter Demokratie, Geschlechterbefreiung und Ökologie basiert.

Der russichen Angriffskrieg auf die Ukraine verschlechtert nicht nur die Lebensrealität der betroffenen Bevölkerung sonder verändert auch ein globales Machtverhältnis zwischen den imperialistischen Blöcken. Anarchist:innen nehmen ihre Rolle auf beiden Seiten der Front war und kämpfen mit allen Mitteln gegen den Krieg.
In Russland bilden Anarchist:innen den Kern der russischen Partisanen-Antikriegsbewegung. BOAK (Anarcho-Kommunistische Kampforganisation) ist bekannt für ihre effektiven Sabotageaktionen gegen Eisenbahnen. Damit wurden bereits Züge, die Munition und Nachschub für das russische Militär transportierten, gestoppt. Die Anarchist:innen von BOAK übernahmen die Verantwortung für Brandanschläge auf Registrierungs- und Rekrutierungs-büros des Militärkommissariats. Sie sind in der Lage, hoch illegale Aktionen im Untergrund zu organisieren und gleichzeitig trotzdem ansprechbar und leicht erreichbar zu sein. BOAK ist eine der am besten organisierten und effektivsten militanten anarchistischen Organisationen weltweit. Sie haben Wege gefunden, unter extremen Bedingungen der Unterdrückung und Repression weiter zu kämpfen. Sie kämpfen, weil sie wissen, dass sie gewinnen können. Sie sind sich bewusst, dass sie den Verlauf der Geschichte selbst beeinflussen können. Ihre bloße Existenz schafft Hoffnung für andere Anarchist:innen in der ganzen Welt.

Für Anarchist:innen in der Ukraine war seit der russischen Invasion und Besetzung 2014 klar, dass eine weitere Eskalation des Krieges zu befürchten ist. Der russische Imperialismus wurde nicht unterschätzt und so begannen sich Anarchist:innen bereits vor der erneuten Kriegseskalation zu organisieren. Seit der militärischen Invasion im Februar 2022 arbeiten Anarchist:innen daran, eine antiautoritäre Militäreinheit aufzubauen und einen Weg des Widerstands weg vom Nationalismus zu entwickeln. Sie glauben, dass das anarchistische Projekt den Menschen nicht aus sicherer Entfernung angeboten werden kann, sondern durch Beteiligung am Widerstand aufgebaut werden muss. Zusätzlich zum bewaffneten Kampf organisieren sie humanitäre Hilfe und Unterstützung für Flüchtende und Deserteure.

Diese Broschüre ist ein Versuch, die Stimmen unserer Genoss:innen an der Front im Widerstand gegen die russische Invasion zu verstärken. Sie ist auch ein Versuch, den Anarchist:innen hier Informationen über ihren Kampf zu geben. Diese Informationen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse können auch für uns von grossem Nutzen sein. Gerade in anbetracht des Aufstiegs rechter und faschistischer Strömungen in ganz Europa können wir bald mit ähnlich schwierigen Bedingunen konfrontiert sein. Wir hoffen, dass dies zu einer breiteren Diskussion darüber beitragen kann, wie wir für eine Welt kämpfen können, in der wir gerne leben wollen.

https://barrikade.info/article/6062

Weiterlesen

zum Thema Anarchismus:

zum Thema Anti-Militarismus: