Graz: Wider der Tristesse. ODER: Ein Stück vom Kuchen

veröffentlicht am 13. Dezember 2020

Nach über einem Jahr müssen wir nun leider berichten, dass am 7. Dezember unsere "stille" Besetzung geräumt wurde. Aber was ist in dieser langen Zeit passiert?

Naja, erstmals muss erwähnt werden, dass wir eigentlich gar nicht so "still" waren. Es wurden Parties gefeiert, Menschen gingen frei ein und aus. Es war ein belebter Ort mit Filmvorführungen und regelmäßigen Sporteinheiten, Räumlichkeiten für Plenas, Vernetzung, sozialer Austausch und Kreativität. Vor allem haben wir den Ort aber einfach belebt und bewohnt. Dazu gehörte für uns auch der Austausch mit den Nachbar*innen. Deshalb luden wir auch immer wieder mal zu Nachbarschaftstreffen ein. Leider gab es nur von wenigen Nachbar*innen Interesse an Austausch und Solidarität. Diesen schicken wir an dieser Stelle herzliche Grüße!

Was diesen Ort besonders auszeichnete, war die Unterschiedlichkeit der Menschen, die ihn bewohnten, bespielten und belebten. Es war ein herrschaftsfreier, widerständiger und mit Utopien befüllter Raum, der uns in einer besonders repressiven Zeit (Lock down, Ausgangssperre, soziale Isolation) viele Möglichkeiten geboten hat, der Autorität des Staates entgegen zu wirken.

Nach einer langen recht entspannten Zeit - wir wollten schon unser 25-jähriges Jubiläum planen ;) - zeichnete sich die bevorstehende Räumung bereits ab. Der Druck der nun eingesetzten Hausverwaltung FRIPAL stieg, einige Nachbar*innen solidarisierten sich mit der Hausverwaltung und begannen uns auszufragen, sowie moralischen Druck auf uns auszuüben. Deshalb entschlossen wir uns die Besetzung sichtbar zu machen und damit die Räumung noch ein bisschen zu beschleunigen.

Wir haben unserer Kreativität noch einmal freien Lauf gelassen und unserem Unmut Ausdruck verliehen, deshalb wurde die Wohnung ein bisschen umgestaltet, Transpis gemalt, Sofas gestapelt und dann bestmöglich verriegelt.

Die grundsätzliche Tristesse von Graz wird weitergehen. Gentrifizierung, Verdrängung, Bau des nächsten Murkraftwerks (Gratkorn, Baustart 2021)... Aber wir lassen uns nicht entmutigen, wir werden weiter kämpfen für unsere Utopien! Wir sind noch immer hungrig und wütend, wir wollen nicht nur ein Stück vom Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei !!!

Danksagung:
Danke, an all die Menschen, die diesen Ort zu dem gemacht haben, was er war!
Danke auch an Birgit, ohne die diese Räumung sicher nicht so schnell stattgefunden hätte.

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