Polizei stürmt offenes Antifa-Treffen in Augsburg

veröffentlicht am 6. März 2023

In Augsburg ist es erneut zu Repression gegen antifaschistische Strukturen gekommen. Gestern stürmte der Augsburger Staatsschutz gemeinsam mit Bereitschaftspolizei und Staatsanwaltschaft das “Offene Antifaschistische Treffen Augsburg” (OAT).

Das “Offene Antifaschistische Treffen Augsburg” hat sich auf die Fahnen geschrieben, klassenkämpferischen Antifaschismus auf die Straßen zu bringen. Kurz nach Beginn des öffentlich angekündigten Treffens am 1. März stürmten dutzende Polizist:innen das Treffen des OATs im Hans-Beimler-Zentrum im Stadtteil Oberhausen. Stundenlang wurden die Teilnehmenden festgehalten, ohne dass ihnen ein Durchsuchungsbeschluss ausgehändigt wurde oder die Möglichkeit gegeben worden wäre, ein:e Anwält:in zu verständigen. Die Polizei durchsuchte jede einzelne der rund 25 anwesenden Personen, beschlagnahmte alle technischen Geräte wie Handys und Laptops und filmte den Vorgang. Alle Betroffenen werden laut Polizei als Zeug:innen geführt, Beschuldigte gibt es demnach keine.

Auch der Ort des Treffens, das Hans-Beimler-Zentrum, wurde durchsucht. Die Polizei fotografierte und filmte die gesamte Räumlichkeit. Zudem nahmen die Polizist:innen zwei Personen als Zeug:innen zum Verhör mit auf die Polizeiinspektion Mitte.

Den Aktivist:innen zufolge war das Vorgehen der Polizei äußerst brutal und aggressiv. Mit Knüppeln bewaffnet stürmten ca. 15 Polizist:innen in das Zentrum und forderten die Anwesenden schreiend dazu auf, die Hände zu heben. Die Anwesenden durften sich anschließend nicht mehr bewegen und mussten ihre Hände im Sichtfeld der Polizei behalten, bis sie einzeln zur Durchsuchung vor die Tür gebracht wurden. Vor dem Zentrum wurden dann auch ihre Personalien festgestellt und Verhöre durchgeführt. Selbst 14-15-jährige Anwesende wurden dieser stundenlangen Prozedur unterzogen.

Während der viereinhalb-stündigen Durchsuchung des Vereinszentrums fuhren Polizeiwagen die Straßen rund um das Hans-Beimler-Zentrum ab und observierten auch die Straßen des Viertels. Kurze Zeit später fanden sich einige Vereinsnutzer:innen aus verschiedenen Gruppierungen zusammen und begleiteten die Situation aus der Ferne solidarisch.

Die während der Durchsuchung anwesende Rechtsanwältin Martina Sulzberger stellt infrage, ob das riesige Aufgebot der Polizei wirklich notwendig war. Gegenüber Perspektive Online sagte sie: „Die Beschlagnahmung der technischen Geräte der Anwesenden ist besonders zu hinterfragen, da diese keine beschuldigten Personen in diesem Verfahren waren. Es muss nun geprüft werden, ob es rechtlich legitim war, dass bei einem offenen Treffen die Handys aller Anwesenden beschlagnahmt wurden.“

Gleichzeitige Durchsuchung der Wohnung eines Journalisten
Einer der im OAT-Plenum anwesenden Personen erfuhr bei seiner Personalienfeststellung, dass es einen zweiten Durchsuchungsbefehl gäbe und nun seine eigene Wohnung durchsucht werde. Auch er wurde als Zeuge und nicht als Beschuldigter von der Polizei geführt. Als Journalist soll er am 28.01.23 einen Demonstrationszug gegen die AFD in Rosenheim fotografiert haben. Hier soll aus der Demonstration heraus ein Polizeibeamter mit einem Feuerlöscher angegriffen worden sein. Aus diesem Grund wurden nun seine technischen Geräte sowie sämtliche Speichermedien beschlagnahmt. Die Polizei suchte anscheinend nach Bildern, die unter anderem einen Angriff mit Farbbeuteln auf das AFD-Gebäude beweisen könnten.

Der junge Journalist sieht diese Repressionsmaßnahme als einen Angriff auf ihn als Aktivisten und Journalisten. Er vermutet, dass die Polizeibehörde ihn so dazu bewegen will, seine journalistischen Dokumentationen von Polizeigewalt auf Demonstrationen einzustellen. Auf seinem Twitter Account äußert der Journalist deshalb seine Kritik an den polizeilichen Maßnahmen.

Vorwurf: Kampf gegen die AfD
Der Vorwurf aus dem Durchsuchungsbeschluss lautet: „Gefährliches Verbreiten personenbezogener Daten” in einem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt. Letztlich geht dieses Verfahren auf einen Angriff auf die Wohnung und den Arbeitsplatz der Augsburger AfD-Politiker:innen Tim und Gabrielle Mailbeck im November 2022 zurück. Hierbei wurde der Spruch „AfD Angreifen“ auf den Gehweg vor der Wohnung gesprüht, und es wurden Briefkästen beschädigt. Die Polizei führt außerdem an, dass das Offene Antifaschistische Treffen Augsburg den auf Indymedia und Antifa-Info veröffentlichten Angriff auf seinen Social Media Kanälen geteilt habe.

Dem Bericht auf Antifa-Info lässt sich entnehmen, dass bei den Aktionen im vergangenen Jahr die Anwohner:innen über die AfD-Politiker:innen informiert werden sollten: So sollen Flyer verteilt worden sein, auf denen die Namen der AfD-Mitglieder, ihre Wohn- und Geschäftsadressen und Fotos zu finden seien. Die Augsburger Allgemeine betitelt diese Flyer gar als sogenannte „Feindeslisten“.

Repression gegen linke Aktivist:innen aus Augsburg
Wie Perspektive Online bereits berichtete, hat die Repression gegen linke Aktivist:innen aus Augsburg in den letzten Jahren enorm zugenommen. Innerhalb der letzten 3 Jahre gab es insgesamt 6 Hausdurchsuchungen. Hinzu kommen zahlreiche weitere Schikanen.

Exemplarisch sei hier ein antifaschistischer Stadtspaziergang aus im Sommer 2021 genannt, bei dem die Polizei die Mobiltelefone von 10 Spazierenden konfiszierte. Diese sollen während ihres Spaziergangs angeblich Sticker verklebt haben.

Das “Verkleben von Aufklebern” bietet eigentlich keine Grundlage für das Einziehen von Handys, da es sich hierbei lediglich um eine Ordnungswidrigkeit handelt. Die Polizei deutete dies jedoch zur Sachbeschädigung um und versuchte auf diese Weise, die Beschlagnahmung zu legitimieren. Ob sie die konfiszierten Handys in späteren Gerichtsverhandlungen als Beweise heranziehen kann, ist jedoch fraglich.Iinsgesamt sei das Vorgehen der Polizei aus Sicht lokaler Aktivist:innen bereits seit 2021 gekennzeichnet von Willkür sowie vollkommen überzogenen Maßnahmen und spitze sich in Augsburg immer weiter zu.

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