Ein Stück vom Kuchen

veröffentlicht am 30. Mai 2020

Wir schreiben aus unserer stillen Besetzung in Graz. Nachdem es uns mittlerweile bereits seit September gibt, ist es auch wohl an der Zeit, von unsererer Existenz zu berichten.

Warum (erst) jetzt? Wie viele wissen, ist es oft schwer auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, vor allem an Orten wo viele Menschen zusammen agieren. Soll heißen, es ist nicht immer leicht, das Projekt zu benennen oder zu definieren. Das muss aber auch nicht passieren und deswegen gibt es jetzt diesen Existenz-Pieps von uns.

Graz, die letzten Jahre rückblickend betrachtet lässt sich hier vor allem eines feststellen: Aufwertung.
Der Bau des Murkraftwerks mit den neu entstehenden Anlegerwohnungen, Reininghaussiedlung inklusive neu entstehendem Stadtteil, Smartcity, 5G-Testgebiet. Aufwertung und Verdrängung wohin mensch auch sieht. In ganz Graz wird gebaggert und abgerissen, um an statt netten, kleinen Häuschen, Grünflächen oder Freiflächen, "profitablere" Wohnanlagen hinzustellen. Viele dieser neu gebauten Wohneinheiten bleiben dann erstmals leer, um den Mobilienmarkt nicht zu überfluten und die Mietpreise hoch zu halten!

Die Bewohnung und Bespielung dieses ansonsten leer-stehenden, ungenutzten Raums ist mehrfach von Bedeutung. Es ist als emanzipatorisch zu betrachten, als widerständisch und ganz einfach als lebend. Denn wie kann es gerechtfertigt sein, dass in Graz gemunkelt wird (bestätigte Zahlen gibt es ja keine), dass der echte Leerstand (Wohnungen, die länger als ein halbes Jahr ungenutzt sind) 3000 bis 3500 Wohnungen betrifft, während Menschen teilweise keinen Schlafplatz haben, es kaum konsumfreie Räumlichkeiten gibt oder Orte, die sonst selbstorganisiert funktionieren. Die Objekte, die leer stehen, werden oft aus Kalkül leer gehalten, um andernorts Mietpreise (durch geringeres Angebot) in die Höhe zu treiben oder um einen “besseren Marktwert” abzuwarten. Aber auch Widerstand ist zu beobachten. Seien es nun Proteste oder direkte Aktionen, Sabotage oder Sachbeschädigung, Menschen bringen ihren Unmut zum Ausdruck. Auch wir haben unserem Unmut Ausdruck verliehen und uns ein Stück vom Kuchen genommen: Seit nun bereits 9 Monaten besetzten wir einen Leerstand und entwickeln unsere Utopien weiter. Lasst euch nicht unterkriegen! Nehmen wir uns die ganze Bäckerei!

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