Über den stattgefundenen Ausschluss im Kaleidoskop

veröffentlicht am 3. Dezember 2019

Vor einigen Monaten wurde eine langjährig im Kaleidoskop aktive Person (X) gebeten, das Kollektiv zu verlassen. X wurde aufgefordert, den Schlüssel abzugeben und sich vorerst aus organisatorischen Angelegenheiten (z.B. Plena) sowie Aufgaben, die Verantwortung im Kollektiv beinhalten, herauszuhalten. Die damalige Ansage lautete, dass X das Kaleidoskop jederzeit besuchen kann, ein Hausverbot wurde nicht ausgesprochen. Aber auch, dass X einiges aufarbeiten und das eigene Verhalten unbedingt ändern sollte.

Normalerweise hätten wir diese Geschichte nicht publik gemacht, um weder X in Verruf, noch betroffene Personen in Schwierigkeiten zu bringen. Allerdings haben wir mittlerweile mitgekriegt, dass X überall in der Szene eine eigene Version herumerzählt, wie es denn zu diesem Ausschluss gekommen sein soll. Im Namen des Kollektivs und insbesondere auch der Betroffenen, deren Namen teilweise von X überall herumerzählt worden sind, fühlen wir uns gezwungen, eine Richtigstellung zu verfassen.

X ist schon seit Jahren beim Kaleidoskop dabei gewesen, mit einigen von uns auch gut befreundet. In den vergangenen Jahren gab es vermehrt Übergriffe von X auf mindestens 2 Menschen, die diese an andere Leute aus dem Kaleidoskop herantrugen. Beide Male wurde die ausdrückliche Bitte ausgesprochen, mit X nicht als Kollektiv darüber zu sprechen. Die Betroffenen wollten X nicht in Schwierigkeiten bringen, sondern das lieber selbst klären.
nicht nur eine betroffene Person, hat das Kaleidoskop verlassen, bei der die Situation mit X eine große Rolle gespielt hat. X selbst behauptet mittlerweile, dass X sich an die damalige Zeit (und das übergriffige Verhalten) überhaupt nicht mehr erinnern könne. Es ist damals aber sehr viel Gesprächs- und Erklärungsarbeit von der Betroffenen und Unterstützer*innen geleistet worden, weshalb diese Erklärung keinen Sinn ergibt.
In den letzten Jahren waren sich X und eine andere (später) Betroffene für einige Zeit sehr nahe. Auch dieser Mensch sprach mit anderen aus dem Kollektiv darüber, dass X deutlich gezogene Grenzen nicht beachtetet und überschreitet.
Gespräche mit X gab es seit langer Zeit immer und immer wieder, sowohl von Betroffenen, als auch von solidarischen Menschen die von X Verhalten wussten.

Während all dieser Zeit sind zwischenzeitlich fast ein dutzend Menschen neu ins Kollektiv gekommen, die Betroffenen mit eingeschlossen.
X hat bei allen von X als weiblich gelesen Menschen, wann immer neue dazu kamen, durchblicken lassen, dass X auf sie steht. Manche sind darauf eingegangen, andere haben X gesagt dass sie kein Interesse haben. Aber über mehrere Jahre hinweg fing es an aufzufallen, dass es ein sich immer wieder wiederholendes Muster darstellt, dass neue weiblich gelesene Menschen im Kaleidoskop alle früher oder später von X angemacht werden/etwas mit X haben oder anfangen. Unbhängig davon ob Menschen eine nähre Beziehung zu X eingegangen sind oder nicht, sind viele davon früher oder später emotional von X unter Druck gesetzt worden. Es geht uns nicht darum, dass "sich mehrere Menschen aufreißen" automatisch problematisch ist. Sonderen einerseits das Muster, dass es sich um jede einzelne neue, von X als weiblich gelesenen Person handelt. Und andererseits auch um das ganze Drumherum, also wie das passiert - und dass im Zuge dessen sehr viel emotionale sowie körperliche Übergriffigikeit von Seiten von X passiert sind.

Dass das in eine komische Dynamik in ein queerfeministisches Kollektiv bringt, kann mensch sich wohl vorstellen. Über die Zeit hinweg hat X auch aus unterschiedlichsten Gründen immer wieder Vorwürfe wegen mackrigem (also männlich sozialisiert-dominantem) Verhalten gekriegt. Bisweilen reagierte X für eine Zeit darauf und änderte das eigene Verhalten, nur um dann dieselben Dinge einige Wochen später zu wiederholen. Oftmals erinnerte sich X wenige Tage später angeblich schon nicht mehr daran, woüber genau gesprochen wurde.

Nach den übergriffigen Vorfällen und unterschiedlichen Zusammenstößen über Mackrigkeit ist X aus genau diesem Grund (sich an verbale Äußerungen scheinbar nicht mehr erinnern zu können) damals ein Brief geschrieben worden, unter anderem mit dem Inhalt, dass X Verhalten reflektieren muss, weil X sonst eine Gefahr für die Menschen im direkten Umfeld darstellt und Menschen dann vor X gewarnt werden müssten.
Leider hat sich trotz aller Bemühungen und Erklärungsversuche nicht wirklich etwas geändert.
Es wurde wieder und wieder Kritik von Menschen aus dem Kollektiv an X geübt, die schnell vergessen war. Und weiterhin bestand das Muster, dass neue von X als weiblich gelesene Menschen im Kollektiv mit X konfrontiert sind, bis zu dem Punkt, wo sich einige aus dem Kollektiv (in Verbindung mit den vorhergehenden Übergiffen) so fühlten, als müssten sie Menschen die neu ins Kollektiv kamen davor warnen.
Schließlich wurde bei einem Wochenende, an dem sich alle trafen um über Gruppendynamiken zu diskutieren, entschieden, X vorerst aus dem Kollektiv auszuschließen.

Drei unterschiedliche Menschen aus dem Kollektiv haben sich damals jeweils einzeln lange mit X zusammengesetzt und ausführlich versucht zu vermitteln, worum es geht.
Dass es gerade nicht um eine einzelne Situation geht, sondern um immer wiederkehrende Muster mit von X als weiblich gelesenen Personen.
Dass es nicht um einen einzelnen übergriffigen Vorfall geht, sondern um die Kontinuität dieser Geschichten (die noch weiter zurückreichen als die hier beschriebene Zeit).
Dass es zudem nicht nur körperliche, sondern auch psychische und emotionale Grenzen gibt, die X immer wieder überschritten hat und überschreitet.
So sind wir damals auseinander gegangen.

Nun ist es damit nicht zu Ende. Überall aus der Szene kommen Freund*innen auf uns zu und fragen, was das für eine seltsame Geschichte mit X gewesen sei. X, wäre angeblich ohne jede schlüssige Erklärung, ohne Grund aus dem Kaleidoskop Kollektiv geflogen. (X kann sich, darauf angesprochen angeblich nicht mehr erinnern, dass mit X irgendetwas gehaltvolles beredet worden ist.)
Betroffene wurden zum Teil von Leuten die sie kaum kannten bedrängt sich "doch mit X zu vertragen". Fremde Menschen kennen ihren Namen im Bezug auf die Geschichte.
Überhaupt streut das ganze große Wellen durch die Szene, denn X erzählt anscheinend zu jeder Gelegenheit jeder Person, was X da angeblich Schlimmes widerfahren wäre.
Das alles zum Ärger der Menschen, die über Stunden, Tage, Jahre versucht haben, X zu erklären warum und in welche Richtung X das eigene Verhalten ändern sollte.
Und zum Schaden von Betroffenen, die sich ausdrücklich Abstand von X gewünscht haben, nur um nun permanent damit konfrontiert zu sein.

Uns reicht es! Wenn eine Veröffentlichung der einzige Weg ist, diese Situation zu entschärfen, dann muss sie eben sein.

kaleidoskop.kukuma.org

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