Lager Moria in Asche - was nun? Grenzen auf und Bewegungsfreiheit für alle!

veröffentlicht am 12. September 2020

In der Nacht von 8. auf 9. September 2020 brannte das Lager für Geflüchtete in Moria auf der griechischen Insel Lesbos vollkommen nieder. Ursprünglich ausgelegt für 2.800 Menschen, waren zuletzt fast 13.000 Menschen in Moria untergebracht. Aufgrund der Corona Pandemie war ihnen das Verlassen des Lagers zuletzt untersagt. Nun sind alle obdachlos. Während quer durch Europa zehntausende Menschen die sofortige Evakuierung fordern, zeigen Politiker*innen und Behörden einmal mehr ihre rassistische Fratze.

Azadi - Wir wollen Freiheit!

Das Feuer in Moria ist keine Überraschung. Seit langem gibt es alarmierende Berichte über die Situation in dem völlig überfüllten Lager auf Lesbos - und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Situation zuspitzt. Die Lage war angespannt, die Menschen mussten in völlig überfüllten, unangemessenen Zelten schlafen. Der Zugang zu Essen, Wasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung war beschränkt - trotz der Gefahr durch Covid-19. Seit Mitte März gab es Ausgangsbeschränkungen für die Leute in Moria. Es kam immer wieder zu Auseinandersetzungen im Lager, zu Protesten und Hungerstreiks... Nur wenige Tage vor dem Feuer wurde der erste Fall von Covid-19 in Moria bekannt. Wie sollen sich Leute in einem vollkommen überfüllten Lager selbst isolieren, ohne entsprechende medizinische Versorgung? Diese Frage stellt sich nun nicht mehr.

Durch den Brand hat sich die Situation noch einmal verschärft. Tausende Menschen, die ein weiteres mal alles verloren haben, müssen nach der Flucht vor dem Feuer rund um das abgebrannte Lager im Freien schlafen. Sie werden weiterhin von der Polizei schikaniert, haben keinen Zugang zu den notwendigsten Dingen, nichts zum Essen, kein Wasser, kein Geld, keine Decken, keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung und Medikamenten - es fehlt an allem. Es ist eine absolut untragbare Situation und fraglich, wohin dies führt, wenn nicht sofort interveniert wird - und die Menschen die notwendigste Hilfe erhalten. Doch eher das Gegenteil ist zu beobachten.

Im Internet sind zahlreiche Videos zu sehen, wie die Polizei mit Tränengas und Gewalt gegen die Geflüchteten auf den Straßen rund um Moria vorgeht. Es wird ihnen untersagt, in die umliegende Orte oder die Hauptstadt Mytilini zu gehen. Dass es zu Repression gegen die Geflüchteten kommt, ist kein Wunder, denn die erste Reaktion der griechischen Regierung war es, einen Ausnahmezustand auszurufen und drei Einheiten der Riot Polizei auf die Insel zu schicken - mit brandneuer Ausrüstung. Unterstützung bekommt die Terrorpolizei dabei von lokalen Rassist*innen und Faschist*innen, die seit Monaten gewalttätig gegen Geflüchtete und Unterstützer*innen vorgehen.

In der aktuellen Situation errichten rassistische Mobs mit Unterstützung von teilweise extra angereisten Faschist*innen um Moria Straßenblockaden, um humanitäre Hilfe für Geflüchtete zu verhindern. Gleichzeitig geht die Polizei gewaltsam gegen solidarische Antifa Demos vor.

Die Geflüchteten protestieren gegen die verschärfte Situation, in die sie über Nacht geraten sind. Sie haben eine klare Forderung: Freiheit!

Anstatt eine umgehende Evakuierung der Menschen einzuleiten und sie in die zahlreichen aufnahmebereiten Orte in Europa zu bringen, setzen die verantwortlichen Politiker*innen in Griechenland und quer durch Europa weiterhin auf gewalttätige Unterdrückung, Tränengas, Gummigeschoße, Abschottung und Ausgrenzung.

Proteste für Bewegungsfreiheit - Aufnahme von Geflüchteten JETZT!

In einer Aussendung schreibt die asylkoordination: "Fassungslos mussten wir in den vergangen 24 Stunden die Reaktionen von Innenminister Nehammer und Außenminister Schallenberg auf die Situation auf Lesbos mitverfolgen. Spontan haben sich Tausende in den sozialen Medien und auch schon auf der Straße gegen die Unmenschlichkeit der ÖVP erhoben. Petition wurden gestartet, Demonstrationen organisiert ..."

Quer durch Europa gehen die Menschen auf die Straßen und werden gegen die europäische Grenzpolitik aktiv. So auch in Österreich, wo die ÖVP keinen Millimeter von ihrer unmenschlichen und rassistischen Politik abrücken will. Immer mehr Menschen erheben sich und fordern die Aufnahme der nun obdachlosen Geflüchteten aus Moria.

Bereits am Abend des 9. September, nachdem die Nachricht über das Feuer auf Lesbos verbreitet wurde, versammelten sich in Wien hunderte Menschen zum spontanen Protest. In Deutschland forderten am 9. September bei knapp 50 Demonstrationen mehrere zehntausend Menschen die sofortige Aufnahme von geflüchteten Menschen, allerdings nicht nur jener aus dem abgebrannten Lager in Moria: ALLE Lager auf den griechischen Inseln müssen JETZT evakuiert werden! In den vergangenen Jahren haben sich auf Initiative der Seebrücke über 170 Städte und Kommunen allein in Deutschland zum sicheren Hafen erklärt. Sie sind bereit, sofort Menschen aufzunehmen.

Bei einer Demonstration zur sofortigen Evakuierung von Moria am 11. September in Wien beteiligten sich ca. 2500 Menschen: „Wir haben alle Mittel, den Menschen aus Moria zu helfen – also nutzen wir sie!“
Am Samstag, 12. September, demonstrierten in Wien erneut mindestens 1000 Menschen Solidarität mit allen Geflüchteten: „Moria liegt in Asche. Evakuiert die Lager jetzt!“

Auf Lesbos gibt es seit langem Proteste gegen die Zustände im Lager Moria. Die in Isolation gehaltenen Geflüchteten wollen nur eines: Freiheit. Seit dem Feuer sind diese Proteste lauter als zuvor - und werden mit massiven Tränengasbeschuss und Gewalt durch die Terror-Polizei beantwortet.

Im folgenden einige Stellungnahmen und Aussendungen verschiedener Gruppen und NGOs, die einen Überblick über die aktuelle Lage geben. Am Ende dieses Artikels sind Links zu Hintergrundinfos, aktuellen Radiosendungen und Soligruppen.


Griechenland: Ärzte ohne Grenzen verurteilt Quarantäne im Lager Moria und fordert dringend Evakuierungen

Presseaussendung vom 04. September 2020 - Die im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos verhängte Massenquarantäne ist gefährlich und muss unbedingt vermieden werden, warnt Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) Die medizinische Hilfsorganisation fordert daher erneut die Evakuierung besonders gefährdeter Personen aus dem Lager.

Die griechische Regierung hat die Pflicht, die öffentliche Gesundheitsversorgung für die Geflüchteten zu verbessern und darf sie nicht unter entsetzlichen Bedingungen einsperren – und dabei so tun, als wolle sie die Insel vor der Verbreitung des Virus schützen, so die Hilfsorganisation. Denn die Zahl der COVID-19-Fälle auf Lesbos außerhalb von Moria steigt, während es bislang gibt nur einen bestätigten Fall unter den Bewohnerinnen und Bewohnern des Lagers gibt.

„Offensichtlich hat die Gesundheitsbehörde auf Lesbos damit begonnen, Bewohnerinnen und Bewohner des Lagers auf COVID-19 zu testen, aber das ist nur ein kleiner Teil dessen, was jetzt passieren muss“, sagt Caroline Willemen, Einsatzleiterin von Ärzte ohne Grenzen für COVID-19 auf Lesbos. „Nötig ist jetzt eine gut geplante Aktion, mit Nachverfolgung von Kontaktpersonen ebenso wie Tests, gepaart mit einer fundamentalen Verbesserung der Hygienebedingungen und der Gesundheitsversorgung. Wir können keine Rechtfertigung für die Massen-Zwangsquarantäne erkennen, und wir wissen, dass diese Maßnahme die psychischen Beschwerden unserer ohnehin schon sehr stark belasteten Patientinnen und Patienten weiter verschlimmern wird.

In Moria leben auch ältere Menschen mit Vorerkrankungen, Schwangere und Kinder, die Angst haben und die nun als Ergebnis dieser Politik noch mehr Leid erleben werden. Die Regierung sollte diese Menschen schützen. Stattdessen sperrt sie sie zusammen mit dem Coronavirus in das Lager ein und setzt sie ihm aus.“

Österreich mitverantwortlich

„Die österreichische Bundesregierung trägt eine Mitverantwortung für die desaströsen Verhältnisse in Moria und muss dringend auf EU-Ebene dafür sorgen, dass die überfüllten Lager auf den griechischen Inseln geräumt werden“, erklärt Marcus Bachmann, Berater für humanitäre Fragen von Ärzte ohne Grenzen Österreich.

Es gibt im Lager Moria mehr als 200 namentlich benannte Personen, die aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustands ernsthaft von Covid-19 bedroht sind. Seit Monaten fordert Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit anderen Organisationen, diese besonders gefährdeten Menschen in sichere Unterkünfte auf Lesbos, auf dem Festland oder in anderen EU-Staaten zu bringen. Im April versprach die griechische Regierung eine solche Evakuierung, aber fünf Monate später sind diese Menschen immer noch gefangen und nun durch die Quarantäne auch noch eingeschlossen.

Nötig ist laut Ärzte ohne Grenzen jetzt ein umfassendes Maßnahmenpaket:

  • Keine schädlichen Maßnahmen wie das Einsperren der Menschen
  • Ausreichende Informationen für die Betroffenen und enge Kooperation mit ihnen
  • Ausreichende Hygienemaßnahmen, die für alle zugänglich sind
  • Evakuierung und Abschirmung von Risikopersonen
  • Massenhaftes Testen
  • Isolation und Behandlung der positiv getesteten Patienten
  • Nachverfolgung von Kontaktpersonen
  • Quarantäne ausschließlich an Orten, an denen wenigstens Minimalstandards bei Hygiene, Gesundheitsversorgung und Unterbringungsbedingungen sichergestellt sind

Bislang besteht die Reaktion der Behörden aus einer einzigen Maßnahme – dem Beginn der Tests im Lager – und der unnötigen Verhängung einer Massen-Zwangsquarantäne. Um ihrer Pflicht zur Versorgung der Menschen nachzukommen, muss die griechische Regierung dringend die anderen notwendigen Maßnahmen umsetzen oder Moria komplett evakuieren. Die Massenquarantäne wird stattdessen neues Leid verursachen und niemandem nutzen.

Statement from the No Border Kitchen Lesvos

Lesvos, 9. September 2020 - Moria is has burnt to the ground. For years the politicians of europe looked away. They send money to buy of their responsibility and took in symbolic numbers of migrants from the monolith of inhumanity known as Moria. For years, it was clear that this was bound to happen. If not yesterday then two years ago, or one year from now. The unavoidable consequenses of europe’s xenophobic, racist and inhuman policies have collided and as a consquence, 15000 woman, children and men homeless. Stuck outdoors with all they owned gone. Support only sporadically possible because of the sheer amount of people in need. When disasters like this happen in other parts of the world, in the surround area people would support eachother and come to their aid. In Lesvos we know it means more repression, violence and facist activity.

How the situation will be "resolved" is uncertain, but on of the first actions of the Nea Demokratia goverment was to declare a state of emergency and send 3 contigents of riot police with brand new equipment and uniforms. With the action of this goverment, or any other goverment for that matter, as the standard this situation will no doubt lead to a situation worse then before. In the past year things have become worse every day, and this trend is not expected to change any time soon.

For months Covid-19 was used as an excuse to restrict the mobility of people and keep most in the camp. For months, the pressure has been building. And yesterday, it came to a boil. The conditions in Moria are unsuitable for social distancing, proper hygiene or any of the other anti-covid practices that we take for granted in the rest of europe. 15000 human beings knew they where going to be left behind. Left behind by a system that sustains itself on racism, exploitation and the suffering of millions. Through the horrors of wars funded and fought in the interest of the western countries. Through the streets of the ghetto’s worldwide. Through the bullets of the police, the politicians who rely on fear to steer society’s worldwide in the direction of xenophobia and invidividualism.

Despite the odds being stacked against us, we will fight and support as best as we can for a world without borders.


asylkoordination fordert sofortige Aufnahme von Evakuierten

Presseaussendung vom 9. September 2020 - „Der Schein des Feuers von Moria erleuchtet die verantwortungslose EUropäische Flüchtlingspolitik,“ kommentiert Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich, den Brand im berüchtigten Flüchtlingslager auf der griechischen Ägäis-Insel Lesbos.

Der Brand war ausgebrochen, nachdem über das Lager nach einem COVID-19 Ausbruch (vor dem NGOs lange gewarnt hatten) ein absoluter Lockdown verhängt worden war. Polizeikräfte riegelten das Lager komplett ab. Schon zuvor waren die Geflüchteten 150 Tage unter Zwangsquarantäne gestanden.

„Wir verlangen, dass Österreich umgehend Menschen aus den griechischen Lagern aufnimmt,“ fordert der asylkoordination-Sprecher, die ÖVP solle sich ihrer christlichen Wurzeln besinnen und ihre „Verhärtung“ aufgeben. „Bundeskanzler Kurz steht in erster Reihe wenn es um die Verhinderung der Aufnahme von Menschen aus den griechischen Lagern geht“, kritisiert Gahleitner-Gertz die vom Kanzler vorgegebene österreichische Linie. „Es reicht nicht, ein paar gebrauchte Container nach Griechenland zuschicken.“ Solche Wohncontainer waren im Sommer unter dem Motto „Hilfe vor Ort“ aus Österreich nach Griechenland verschickt worden, während die Aufnahme von Kinderflüchtlingen kategorisch verweigert wird.

Während Tausende Menschen für die Aufnahme von Flüchtlingen unterschreiben und Städte und Gemeinden ihre Tore für Schutzsuchende aus den griechischen Horrorlagern öffnen wollen, bleibt die ÖVP bei einer kompletten Ablehnung.

Rechtliche Möglichkeiten bestehen

Für eine solche Aufnahmeaktion bestehen mehrere rechtliche Möglichkeiten, in erster Linie bietet sich der Paragraph 3a das Asylgesetzes an: „Einem Fremden ist von Amts wegen und ohne weiteres Verfahren der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sich die Republik Österreich völkerrechtlich dazu verpflichtet hat.“ Eine andere Möglichkeit wäre ein reguläres Asylverfahren in Österreich.

Zudem leben, wie die asylkoordination bei intensiven Recherchen herausfinden konnte, in griechischen Lagern etliche Dutzend Schutzsuchende mit Familie in Österreich, die im Rahmen des Dublin-Systems nach Österreich geholt werden könnten.


Griechenland: Evakuierung von Kindern, Kranken und besonders Schutzbedürftigen nach Österreich gefordert

Presseaussendung vom 09. September 2020 - In einem dringenden gemeinsamen Appell an die österreichische Bundesregierung fordern Ärzte ohne Grenzen Österreich (MSF), Caritas Österreich und das Österreichische Rote Kreuz die Evakuierung von Kindern, Kranken und besonders Schutzbedürftigen nach Österreich.

Wien, 09.09.2020 - Margaretha Maleh, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Österreich, appelliert an die österreichische Regierung und Bundeskanzler Kurz endlich besonders Schutzbedürftige von den griechischen Inseln zu evakuieren.

„Wir haben wiederholt auf die furchtbare Situation auf den griechischen Inseln hingewiesen. Letzte Nacht ist das Pulverfass explodiert: Ein massives Feuer hat das Lager Moria auf Lesbos verwüstet. Meine Kolleginnen und Kollegen von Ärzte ohne Grenzen vor Ort berichten von einer brennenden Hölle, panischen Kindern und Eltern, die unter Schock stehen. Diese Katastrophe ist die logische Konsequenz der unmenschlichen Abschottungspolitik Europas. In Moria wurden und werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Was es endlich dringend braucht ist gelebte Solidarität“, sagt Margaretha Maleh, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Österreich. „Wir müssen diesen Notfall zum Anlass nehmen, um die strukturellen Probleme der europäischen Flüchtlingspolitik anzugehen. Jetzt ist dringende Hilfe gefordert und auch Österreich muss einen Beitrag leisten.“

Die Situation in den griechischen Lagern ist seit Jahren ein chronischer Notstand, der keinem Menschen zumutbar ist. Nun ist die Notlage akut: Zu lange wurde nichts unternommen. Schutzsuchenden wird das Recht auf medizinische Hilfe systematisch verwehrt. Tausende Menschen, darunter Kinder, Alte oder chronisch Kranke, leben auf den griechischen Inseln auf engstem Raum in Zelten oder provisorischen Behelfsunterkünften.

Gerald Schöpfer, Präsident Österreichisches Rotes Kreuz, betont: „Diese Menschen müssen in Länder aufgenommen werden, in denen sie gesundheitlich versorgt werden. Das Rote Kreuz hat in der Vergangenheit bereits humanitäre Aufnahmeprogramme in Österreich unterstützt. Immer wieder wurden im Zuge dessen Geflüchtete mit medizinischen Problemen in Österreich aufgenommen, betreut und behandelt, damit es ihnen gesundheitlich besser geht.“

Die dramatischen Bilder aus Griechenland – aus Europa – der heutigen Nacht, zeigen zum wiederholten Mal die prekäre Lage der Menschen auf den griechischen Inseln. Die Situation ist seit Jahren angespannt, durch Covid-19 hat sich die Situation noch verschärft. „Die Menschen müssen versorgt werden, sie benötigen Schutz sowie Trinkwasser, Nahrungsmittel und ein sicheres Dach über dem Kopf. Aber das alleine reicht nicht. Es braucht dringend eine gemeinsame europäische Lösung und Solidarität mit den Menschen, die seit Jahren in menschenunwürdigen Zuständen leben müssen. Auch Österreich ist hier gefragt sich zu engagieren und seine europäische Verantwortung wahrzunehmen und Griechenland nicht alleine zu lassen“, so Andreas Knapp, Generalsekretär für internationale Programme der Caritas Österreich.

Gemeinsam betonen Ärzte ohne Grenzen Österreich, Caritas Österreich und das Österreichische Rote Kreuz: „Wir können nicht länger zusehen. Auch Österreich muss einen Beitrag leisten. Wir richten unseren Appell an die österreichische Bundesregierung und fordern die Evakuierung von Kindern, Kranken und besonders Schutzbedürftigen nach Österreich. Was wir jetzt brauchen ist ein Korridor der Menschlichkeit.“


Initiative „Courage – Mut zur Menschlichkeit“ will Menschen aus griechischen Lagern rettenInitiative „Courage – Mut zur Menschlichkeit“ will Menschen aus griechischen Lagern retten

Presseaussendung vom 11. September 2020 - Erstes Ziel ist das Schaffen von 144 sicheren Plätzen in Österreich – Bundesregierung muss „nichts tun, außer grünes Licht für das Retten von Menschen zu geben“

Mit dem heutigen Tag startet die österreichische Initiative „Courage – Mut zur Menschlichkeit“ mit dem Ziel, Menschen aus den griechischen Lagern zu retten. Die breite, zivilgesellschaftliche Allianz macht der österreichischen Bundesregierung das Angebot, in Kooperation mit Hilfsorganisationen, Religionsgemeinschaften, Gemeinden, Städten und Einzelpersonen in ganz Österreich nachhaltig sichere Plätze zu schaffen, um Menschen aus den Lagern dauerhaft bei uns aufzunehmen und hier erfolgreich zu integrieren.

Zu den InitiatorInnen zählen u. a. Katharina Stemberger (Schaupielerin und Filmproduzentin), Marcus Bachmann (Ärzte ohne Grenzen), Judith Kohlenberger (Migrationsforscherin), Ferry Maier (ehem. Co-Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung) und Stefan A. Sengl (PR-Berater). UnterstützerInnen der ersten Stunde sind u. a. Christian Konrad (ehem. Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung), Daniel Landau (Bildungsexperte), Doron Rabinovici (Schriftsteller), Julya Rabinowich (Schriftstellerin), Willi Resetarits (Sänger und Menschenrechtsaktivist) sowie zahlreiche SchauspielerInnen, darunter Klaus Maria Brandauer, Hilde Dalik, Cornelius Obonya, Michael Ostrowski und Susi Stach. Erste Kooperationspartner sind u. a. die Allianz Menschen.Würde.Österreich, SOS Menschenwürde Oberösterreich, Ärzte ohne Grenzen Österreich, Respekt.net, der Republikanische Club, die Jüdische österreichsche Hochschülerschaft und die asylkoordination Österreich.

#144

Als erstes Ziel hat sich die Initiative „Courage – Mut zur Menschlichkeit“ vorgenommen, 144 sichere Plätze zu schaffen. Die Zahl 144 wurde dabei symbolisch gewählt, da es die Nummer des österreichischen Rettungsnotrufs ist. „Darum geht es uns: Menschen in einer Notsituation zu retten. Die Zahl 144 ist klein, aber angesichts der bestehenden Widerstände dennoch ambitioniert“, so Initiatorin Stemberger. In den sozialen Medien soll mit dem Hashtag #144 auf dieses Ziel aufmerksam gemacht werden.

Auch Privatpersonen soll die Möglichkeit geboten werden, sich mit Geld-, Sach- oder Zeitspenden daran zu beteiligen, „sichere Plätze“ in Österreich zu schaffen. Dabei wird die zivilgesellschaftliche Crowdfunding-Plattform Respekt.net zum Einsatz kommen. Bereits in zwei Wochen möchte die Initiative eine erste „Landkarte der sicheren Plätze“ in Österreich vorstellen. Zu Informationszwecken wurde die Website www.courage.jetzt eingerichtet.

Ein Ende des Wegschauens

Hintergrund der Initiative ist das katastrophale Elend in Europas Flüchtlingslagern, das durch den Großbrand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos in den letzten Tagen wieder verstärkt diskutiert wird.
„An den EU-Außengrenzen hausen tausende Menschen oftmals seit Jahren unter unzumutbaren Bedingungen. Ein Drittel davon sind Kinder.“ schildert Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen Österreich die Situation vor Ort. Diesen Missstand wollen die Initiatorinnen und Initiatoren keine Sekunde länger hinnehmen: „Wir sehen das Sterben und die Unmenschlichkeit an den EU-Außengrenzen und wir betrachten es als unsere Pflicht, hier zu helfen. Man muss uns nur machen lassen. Der politische Wille sollte von Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft geprägt sein und nicht vom Versuch, FPÖ-Stimmen zu gewinnen“, so Ferry Maier.

„In Österreich werden aktuell wieder soziale Brennpunkte und gemeinsame Werte diskutiert – Moria ist der einzige tatsächliche Brand, um den wir uns bedingungslos und ohne ideologische Scheuklappen kümmern müssen“, ergänzt die Migrationsforscherin Kohlenberger. „Wir kennen jedes ,aber‘ und haben es bereits beantwortet. Die Bundesregierung muss nichts tun, außer grünes Licht für das Retten von Menschen zu geben“ so Stefan A. Sengl.

Die Initiative „Courage – Mut zur Menschlichkeit“ betrachtet ihr Engagement auch als Beitrag für ein besseres politisches Klima des Miteinanders und der Menschlichkeit in unserem Land. Dass sich Österreich an der Rettung von Menschen aus den Lagern beteiligt, ist aus Sicht der Initiatorinnen und Initiatoren ein wichtiger Schritt in diese Richtung, weil es ein „Ende des Wegschauens“ bedeutet.

Weitere Informationen: www.courage.jetzt


Moria liegt in Asche – Evakuiert die Lager JETZT!

Aufruf zur Demonstration am Samstag, 12. September 2020, 14:00 Uhr, Treffpunkt: Hauptbahnhof Wien.

In Moria, auf der griechischen Insel Lesbos, leben mehr als 12.000 Geflüchtete in einem Lager, das für 3000 Personen errichtet wurde und nun in Schutt und Asche liegt. Auf engstem Raum, ohne ausreichend fließendem Wasser oder funktionierenden Sanitäranlagen, leben die Menschen zusammengepfercht. Die Menschen leben dort in Zelten, selbstzusammengeschusterten Behausungen, oder am nackten Boden. Unterversorgt mit Nahrung und Medizin werden die Hilferufe aus Moria seit Jahren von der EU ignoriert.

Seit letztem Jahr sehen sich die Menschen, die dort leben, und die hilfeleistenden NGOs immer wieder Angriffen von Faschisten konfrontiert. Gewalt geht aber auch von der Polizei vor Ort aus.

Die Situation eskaliert seit Jahren. Aber anstatt das Lager zu evakuieren, reagieren die europäischen Regierungen mit Rassismus und Hetze. Statt echten Hilfeleistungen investieren sie Millionen in den militärischen Grenzschutz und Abschottungspolitik.

Nun steht das Lager in Flammen. Die Menschen sind vollends obdachlos geworden, alles liegt in Asche. Jeder Tag ist gezeichnet von völliger Verzweiflung und Unterversorgung. Die europäische Union ist dafür verantwortlich. Die EU muss endlich handeln.

Etliche Städte, Gemeinden und Pfarren in Österreich haben sich bereits solidarisch und zur Aufnahme von Geflüchteten bereit erklärt – darunter Wien und Innsbruck, das Pfarrnetzwerk Asyl und die Initiative der Bürgermeister*innen mit Herz. Aber immer noch verweigert die österreichische Regierung unter der Führung von Kurz und Nehammer die Aufnahme von Geflüchteten.

Wir gehen am Samstag auf die Straße. Das Ziel ist klar: Holt die Menschen aus dieser Hölle und evakuiert Lager wie Moria!
Geht mit uns am Samstag auf die Straße.
Wir treffen uns um 14:00 Uhr am Wiener Hauptbahnhof.
Vergesst nicht euren Mund-Nasen-Schutz.
Solidarität mit allen Geflüchteten!


#SOSMoria: Menschenleben retten, Herr Kurz!

Österreich muss Geflüchtete aus Moria aufnehmen! Viele Gemeinden haben sich bereits dazu bereit erklärt. Stehen wir zu unserer Menschlichkeit und zu unserer Verantwortung!

Weitere Informationen - teilweise auf englisch:

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