Informationen zu und Warnung vor

veröffentlicht am 1. September 2023

dem Wiener Täter Michael Bonvalot.
Wien, September 2023
Triggerwarnung: Im folgenden Text kommen Schilderungen von (sexualisierter) Gewalt vor. Bitte bedenke, dass beim Lesen eigene Erinnerungen auftauchen können, die Angst machen können. Achte daher beim Lesen auf deine Grenzen und wende dich an Freund*innen oder professionelle Hilfsangebote, wenn es dir nicht gut damit geht.

Wir informieren euch hiermit über diverse Taten des linken Wiener Journalisten Michael Bonvalot. Die Heftigkeit der Fälle sowie die Systematik, mit dem er vorgeht und der langen Zeitraum von 15-20 Jahren haben uns zu diesem Schritt bewegt. Wir warnen hiermit ausdrücklich alle Frauen vor Bonvalot und insbesondere vor Treffen mit ihm.

Dieser Text ist eine mögliche Form von feministischer Selbstverteidigung. Wir haben uns dazu entschieden, weil es uns nicht mehr möglich ist zu schweigen. Viele Übergriffe und Taten von Bonvalot sind strafrechtlich relevant, weswegen hier sehr konkret und juristisch begleitet Anzeigen überlegt werden. Andere Erlebnisse von Betroffenen mit Bonvalot liegen in einem juristischem Graubereich oder sind an sich nicht strafbar. Machtmissbrauch, Sexismus, diffuse Drohungen oder Einschüchterungen haben in unseren Zusammenhängen dennoch nichts verloren. Im patriarchalen System können wir nicht allein auf das Strafrecht vertrauen – das zeigt die enorme Bandbreite von Freisprüchen in Sexualstrafverfahren in Vergangenheit und Gegenwart. Freilich ist diese Veröffentlichung nur der erste Schritt, viele weitere werden folgen müssen.

Wer sind wir?

Wir sind ein Zusammenschluss von unterschiedlichen Personen aus der Wiener Linken, die solidarisch hinter einigen Betroffenen stehen und mit ihnen gemeinsam diesen Text verfasst haben in der Hoffnung, dass den frauenfeindlichen Handlungen Bonvalots endlich Einhalt geboten wird. Wir sind seit Jahren in unterschiedlichen Zusammenhängen aktiv und wir sind weder Rechte noch Corona Schwurbler. Warum wir das erwähnen? Wir rechnen damit, dass Bonvalot nach Bekanntwerden dieser Schilderungen in der Öffentlichkeit behaupten wird, dass die Rechtsextreme eine Schmutzkübel-Kampagne gegen ihn führen.

Was ist passiert?

In einem Zeitraum von fünfzehn bis zwanzig Jahren tauchen immer wieder Betroffene in der Wiener Linken auf, die den selben Täter nennen. Einen Täter, dessen Aktivismus für alle sichtbar ist, und für viele Betroffene und für mit diesen Betroffenen solidarischen Mitwisser*innen unerträglich ist. Es geht um Michael Bonvalot.

An uns wurden zahlreiche Übergriffe, die von heute bis vor 15 Jahren passiert sind, herangetragen. Übergriffe, die vom bewussten Abfüllen bzw. dem Verdacht auf das Verabreichen von K.O.-Tropfen mit dem Ziel, sexuelle Handlungen an Frauen vorzunehmen (wir schreiben Verdacht, weil die tatsächliche Verwendung von K.O.-Tropfen extrem schwer nachweisbar ist, einige betroffenen Frauen aber jedenfalls betäubt wurden), bis hin zu körperlicher Gewalt und Vergewaltigung (laut Definition nach dem Strafgesetzbuch) reichen. Die Schilderungen dieser Übergriffe sind über mehr als ein Jahrzehnt konsistent und es gibt keinerlei Grund für uns, den Betroffenen nicht zu glauben. Nachfragen bei früheren Weggefährt:innen, Kolleg:innen, und Genoss:innen haben weitere Vorfälle zutage gebracht. Wir wissen von Minderjährigen, die von Camps weinend nach Hause gefahren sind, nachdem sie im selben Zelt mit Bonvalot geschlafen haben. Von Phantasien vom Sex mit Minderjährigen, die Bonvalot – als Mann jenseits der 40 – ganz offen anderen Linken erzählt. Bis hin zu bizarren Details wie einem langen Fingernagel, um Frauen bei sexuellen Handlungen im Intimbereich zu verletzen.

Die frühere aktivistische Laufbahn von Michael Bonvalot hat durch diese Vorwürfe Knicke erlebt. Mindestens ein formeller Ausschluss aus einer linken Organisation, vor etwa zehn Jahren, ist uns bekannt. Grund war damals, dass er seinen Kader-Status ausgenutzt hat, um teils minderjährige Aktivist:innen und Schüler:innen zum Sex zu überreden bzw. sie mit einer immergleichen Masche zu sich nach Hause mitzunehmen. Vorwürfe, Bonvalot sucht nach jüngeren Frauen, bringt sie in Situationen, in denen sie ihm ausgeliefert sind, schottet sie nach Möglichkeit bewusst von der Außenwelt ab, phantasiert von gewaltsamem Sex und führt ihn teilweise unter Drogeneinfluss der Betroffenen auch aus, wurden damals und werden heute erhoben.

Wir wissen, dass Bonvalot Frauen zu von vermeintlichen Gruppentreffen an abgelegenen Orten einlädt. Vor Ort ist dann nur er und das Treffen entpuppt sich als ungewolltes Date. Betroffene berichten von Treffen, wo Bonvalot Druck aufbaut und versucht, Handyanrufe zu unterbinden, als klar wird, dass die betroffene Frau aus der Situation rauswill.

In der Öffentlichkeit mit seiner Berichterstattung präsent, genießt Bonvalot ein gewisses Vertrauen, das er ausnutzt, um sich an vorwiegend junge Frauen heranzumachen. Seit Jahren schon warnen Frauen einander, Kontakt mit Bonvalot zu meiden. Seit Jahren werden die Berichte von Frauen zu Übergriffen durch ihn nur unter der Hand weitererzählt. Dabei kann es nicht bleiben. Eine klare, öffentliche Warnung vor diesem Täter und eine systematische Aufarbeitung der Vorfälle sind lange überfällig. Es darf nicht weiter möglich sein, dass er seinen Status mit vermeintlich großem Netzwerk dazu ausnutzt, sich Vertrauen zu erschleichen. Wir müssen beenden, dass Bonvalot seine ökonomische Karriere darauf aufbaut, die Arbeit vieler Aktivist*innen zu verwerten und währenddessen eine Frau nach der nächsten überfällt, traumatisiert und aus der Szene drängt, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Wir verlangen von euch allen, dagegen aktiv vorzugehen in klarer Solidarität mit Generationen von Betroffenen, die ein und denselben Täter benennen. Die Anwesenheit von Bonvalot darf in sämtlichen linken Zusammenhängen nicht mehr akzeptiert werden. Er nutzt seine Machtposition seit vielen Jahren aus und verursacht so massives Leid, körperliche und psychische Verletzungen. Mehrfach wurde er mit seinem grenzverletzendem und übergriffigen Verhalten konfrontiert, geändert hat sich nichts. Im Gegenteil. Als Mann in der Szene, der auch von vielen Spendengeldern lebt, profitiert er nach wie vor aus der zumindest punktuellen Zusammenarbeit mit antifaschistischen Kräften und anderen Linken in ganz Österreich und darüber hinaus.

Was wir fordern:

Wir fordern, dass Michael Bonvalot in Räumlichkeiten und auf Veranstaltungen der Wiener Linken in Zukunft nicht mehr willkommen ist. Er nutzt diese, um Kontakt zu potenziellen Betroffenen aufzubauen oder diese zu bedrohen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass ihm kein Raum mehr für Einschüchterungen gegeben und er von Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen ferngehalten wird. Nur so sind diese Veranstaltungen für Betroffene und alle anderen Frauen und Mädchen sicher.

Wir fordern alle Gruppen und Organisationen und Personen mit feministischem Anspruch dazu auf, sich mit den Vorwürfen gegen Bonvalot und den Auswirkungen auf den eigenen Wirkungsbereich zu beschäftigen – auch im Hinblick auf die Unterstützung möglicher Betroffener im eigenen Umfeld und darüber hinaus. Vor allem fordern wir dazu auf, die Zusammenarbeit mit und Unterstützung von Michael Bonvalot einzustellen und sich mit den Betroffenen solidarisch zu erklären.

Wir fordern Michael Bonvalot auf, sich aus der linken Szene zurückzuziehen und sich von jeglichen linken Veranstaltungen sowie von Demonstrationen fernzuhalten. Zudem fordern wir ihn auf, jegliche Kontaktaufnahme mit Betroffenen seiner sexualisierten Gewalt zu unterlassen.

Wir rechnen damit, dass sich M. Bonvalot mit allen Mitteln gegen diese Veröffentlichung wehren wird. Seine Karriere steht auf dem Spiel und die Story der Täter, die mithilfe von Anwält*innen Betroffenen von Gewalt in Grund und Boden klagen, kennen wir zur Genüge. Davon lassen wir uns nicht abschrecken. Es ist an der Zeit Bonvalot zu zeigen, dass unsere Solidarität den Betroffenen gilt und nicht ihm.

Wir bitten euch nicht über potentiell Betroffene zu spekulieren. Diese wünschen sich absolute Anonymität und den Schutz ihrer Intimsphäre. Uns ist klar, dass mit der Veröffentlichung ohnehin Dynamiken in Gang gesetzt werden, die wir nicht mehr in der Hand haben. Was dennoch alle tun können: Glaub den Betroffenen. Sei mit ihnen parteilich. Trage Namen von Betroffenen nicht weiter, wenn du sie hörst. Sei solidarisch und widersprich, wenn die Versionen des Täters rumerzählt werden.

Wir nehmen an, dass die Dunkelziffer der Betroffenen hoch ist. Wenn ihr Kontakt aufnehmen wollt, dann könnt ihr euch mit uns unter folgender E-Mail-Adresse in Verbindung setzen: ug_defma_2023@riseup.net. Auch gibt es in Wien kostenlose Frauen-Beratungsstellen, die neben rechtlicher auch psychosoziale Unterstützung anbieten. Hier könnt ihr euch etwa an die frauenberatung (www.frauenberatung.at ) wenden. Außerdem steht euch in Wien der 24-Stunden Frauennotruf unter 01 71 71 9 zur Verfügung. Bundesweit ist die Frauenhelpline gegen Gewalt unter 0800 222 555 zu erreichen.

defma2023.blackblogs.org (mirror: defma2023.noblogs.org)

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