Wieder Covid-Cluster im Erstaufnahmelager Traiskirchen - Lager machen krank

veröffentlicht am 4. Oktober 2021

Es braucht dezentrale Unterbringung in Wohnungen statt Lager!

Wochenlang, seit Ende August, plagt ein Corona-Cluster die Bewohner*innen des Erstaufnahmelagers für Asylsuchende in Traiskirchen. Nach einem leichten Rückgang sind laut aktuellen Medienberichten (Stand 24. September 2021) 87 Menschen im Lager Traiskirchen mit Covid-19 infiziert. Auch im Erstaufnahmezentrum Schwechat, wo ebenfalls seit Wochen ein Corona-Cluster besteht, wurden zuletzt 13 Menschen positiv auf Covid getestet.

Neu sind solche Zustände nicht: Bereits während der ersten Corona-Welle in Österreich im März 2020 gab es einen ersten Covid-Ausbruch im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, bei dem laut damaligen Berichten zumindest eine Person aus dem Lager an der Krankheit verstarb. Alle anderen damaligen Bewohner*innen des Lagers wurden wochenlang entgegen jeglicher sonst üblicher Praxis in polizeilich durchgesetzter Zwangsquarantäne festgehalten und am Verlassen des Lagers gehindert. Betroffene wehrten sich damals mit einer Klage gegen diese rechtswidrige Form der Freiheitsberaubung. Abgesehen davon wurden kaum Maßnahmen getroffen, um Bewohner*innen des Lagers wirksam vor einer Covid-Infektion zu schützen. Sie mussten weiterhin in dicht belegten Mehrbetträumen schlafen, Bad- und Toilettenräume mit allen anderen Stockwerksbewohner*innen teilen, in langen Schlangen ohne Abstand um Essen anstehen und ihre Mahlzeiten in großen Gruppen im Speisesaal der Kantine einnehmen. Geändert hat sich daran nach aktuellem Informationsstand trotzt vielfach geäußerter öffentlicher Kritik bislang nichts. Dementsprechend gab es auch in der Folgezeit wiederholte Covid-Ausbrüche in Traiskirchen, bis zu dem aktuell andauernden Cluster. Die soziale Ungleichheit in den Konsequenzen der Pandemie wird wieder einmal sehr deutlich: Während durch Präventions-, Impf- und Testangebote an vielen österreichischen Orten wieder eine gewisse Normalität einkehren konnte, trifft es marginalisierte Menschen nun besonders hart.

Initiative lehnt Massenunterbringung ab

Dazu Anita Fessl von der Initiative gegen Lager und Rückkehrzentren: "Es macht uns wütend und fassungslos, zu sehen, wie wenig seit der ersten Covid-Welle passiert ist, um die Gesundheit geflüchteter Menschen wirksam gegen die Pandemie zu schützen. Von Anfang an war klar, dass die Unterbringung von Menschen in beengten Sammellagern die größte Gefahr darstellt, sich mit Covid-19 zu infizieren. Genau das ist seitdem immer und immer wieder nicht nur in Traiskirchen, sondern in Asylunterkünften, ebenso wie in Notschlafstellen, Unterkünften für Wohnungslose oder auch Gefängnissen, in ganz Österreich passiert. Es ist nicht hinzunehmen, dass ein Staat, der Milliarden von Euro aufwendet, um den reichsten Wirtschaftsunternehmen in Pandemiezeiten die Rendite zu sichern, es nicht schafft, menschenwürdigen und sicheren Wohnraum für geflüchtete Menschen bereitzustellen und sie stattdessen seit eineinhalb Jahren wissentlich den größten Risiken der Pandemie aussetzt."

Offene Fragen

Im Zusammenhang mit den aktuellen Covid-Clustern in Traiskirchen und Schwechat stellen sich zudem einige Fragen:

Werden allen Bewohner*innen, auch den neu Ankommenden, Covid-Impfungen angeboten, um sowohl das Risiko von Ansteckungen als auch von schweren Krankheitsverläufen zu reduzieren? Werden allen Bewohner*innen der Erstaufnahmelager gut zugängliche und verständliche Informationen zu Covid-Prävention und Covid-Impfungen in ihren jeweiligen Erstsprachen zur Verfügung gestellt? Welche medizinische Versorgung erhalten diejenigen, die positiv auf Covid getestet und abgesondert werden?

Abgesehen davon ist festzuhalten: Schon lange vor der Covid-Pandemie war bekannt, dass die Unterbringung von Menschen in Lagern und Sammelunterkünften vielerlei Arten von körperlichen und psychischen, in einigen Fällen sogar tödlichen, Erkrankungen begünstigt. Es ist längst Zeit dafür, dass sich der österreichische Staat von einer menschenrechtswidrigen Asylpolitik verabschiedet, die das Prinzip von Abschreckung und Zermürbung mit dem Ziel, dass weniger Asylsuchende hier ankommen und bleiben, über die Gesundheit und das Leben von Menschen stellt!

Im Sinne von Gesundheitsschutz und menschenwürdigem Wohnen fordert die Initiative gegen Lager und Rückkehrzentren:

Schließung der Erstaufnahmelager Traiskirchen und Schwechat und aller anderen Lager und Sammelunterkünfte für Asylsuchende!
Gleichzeitig Bereitstellung dezentraler Wohnungen für alle Asylsuchenden, auch diejenigen, die neu ankommen!
Recht auf Freizügigkeit statt Zwangszuweisungen für alle Asylsuchenden!

Bis dahin:

Bereitstellung von Covid-Impfungen für alle, auch neu Ankommenden, die sich impfen lassen wollen!
Bereitstellung gut zugänglicher und verständlicher Informationen zu Covid-Prävention und Covid-Impfungen in allen benötigten Erstsprachen!

Recht auf Gesundheit und menschenwürdiges Wohnen für alle statt Repression, Abschreckung und Zermürbung!

http://www.rueckkehrzentrenschliessen.org/

Weiterlesen

zum Thema Migration & NoBorder:

zum Thema Gesundheit / Medizin / 1.Hilfe: