Freiheit für Lina!
Am 1. April 2021 solidarisierten sich in Wien antifaschistische Aktivist:innen -auch aus der Fanszene des First Vienna Footballclubs- mit Lina E.

Text von der Soligruppe für Lina vom 20.11.2020:

Wir sind die Solidaritätsgruppe für Lina
Wir sprechen uns gegen die Kriminalisierung antifaschistischer Arbeit aus und wollen nicht schweigend mit ansehen, wie Polizei und Presse ein reißerisches Konstrukt an Vorwürfen gegen eine junge Antifaschistin aufbauen.

Gerade in Leipzig versuchen Justiz, Polizei und Presse immer weiter eine Stimmung zu schüren, die sich vor allem gegen den linken Stadtteil Connewitz aber auch allgemein gegen linke Ideen und antifaschistisches Engagement richtet. In Zeiten von autoritärer Formierung und lauter werdenden Rufen nach Law-and-Order ist der Rechtsruck auch im Vorgehen der Repressionsbehörden zu erkennen. Von Presseseite wird Lina zur „Chefchaotin“ erklärt und die sexistischen Berichterstattungen zu ihrer Person überschlagen sich. Deshalb wollen wir Gegendarstellungen zur aktuellen Hetze liefern und die laufenden Geschehnisse kritisch begleiten.
https://freiheitfuerlina.noblogs.org

Redebeitrag zum 07. März in Chemnitz
Am 7. März haben wir den folgenden Redebeitrag vor der Frauen-JVA Chemnitz verlesen. Anlässlich des Frauenkampftages findet dort jedes Jahr eine Demonstration in Solidarität mit den Inhaftierten statt. Eine von ihnen ist Lina:

Am 5. November wurde Lina unsere gute Freundin, eine liebevolle Tochter und Enkelin, eine mutige Genossin und kluge Kommilitonin in Untersuchungshaft gesteckt. Über vier Monate ist das jetzt schon her und niemand von uns hat wohl erahnt heute hier zu stehen und ÜBER Lina und nicht mit ihr zu sprechen

Der von der Bundesanwaltschaft veranlasste abenteuerliche Helikopterflug nach Karlsruhe scheint die rechtsbürgerliche Presse zu ebenso spektakulären Hypothesen zu Linas Vergangenheit verleitet zu haben. Die dünne Beweislage oder wer überhaupt “Opfer” der Angriffe geworden war, scheint bisher nicht zu interessieren. Stattdessen wird feuchtfröhlich in der wohl eher, so muss sich mancher Bouldevardjournalist eingestehen, stinknormalen Vergangenheit von Lina gewühlt. Sie war beim Zirkus in ihrer Kindheit, eine angeblich unaufällige Schülerin in ihrer Jugend und zuletzt eine gute Studentin, der noch letztes Jahr eine Wissenschaftliche Hilfskraftstelle angeboten wurde. So ganz passt das alles nicht in das herbeigedachte Bild einer Linksterroristin. Also müssen andere Erklärungsmuster her. Eines hat die Zeitung die Welt nun gefunden und zwar wen wunderts- in Linas Partnerschaft mit einem Mann. Love Stories verkaufen sich nun mal am besten.

Jener Mann ist es auch, der sie in die sogenannte “gewaltbereite linksextremistische Szene” herangeführt haben soll. Wir fragen uns, wie oft sollen wir Frauen uns so einen Müll eigentlich noch anhören. Wird die Leier von der verführten unschuldigen jungen Frau nicht langsam lahm? Und ja, besonders gut vertreten sind FLINT*-Personen im antifaschistischen Spektrum nicht, aber das liegt wohl eher an maskulinen, harten Männerbündeleien als der politischen Meinungsbildung vieler FLINT*-Personen.

Das sich auch männliche Journalisten mit einer selbstbestimmten, linken Frau nicht wohl fühlen zeigt sich in der sonstigen Berichterstattung, die von sexistischen Stereotypen nur so strotzt. Man konzentriert sich, wie zumeist wenn über Frauen in der Öffentlichkeit berichtet wird, auf Nagellack, Rock und eine weiblich gelesene Statur. Gleichzeitig wird politisches Engagement von Frauen exotisiert was das Zeug hält. Nicht nur das Lina nun für jedes vermeintlich linke Verbrechen im Umkreis von 200km herhalten muss, bei dem eine weiblich gelesene Person dabei war, nein sie ist gleich die Rädelsführerin. Da wird dann auch schnell eine Tasche an der Tür mit Kleidung mit dem Aufbruch in den Untergrund fantasiert und ein Hammer im Werkzeugfach zum belegenden Beispiel ihrer Gewaltbereitschaft.

Schwerpunkt der Ermittlungen gegen Lina sind die Vorgänge in Eisenach. In Eisenach gibt es eine gut vernetzte, militante Neonaziszene die auch eigene Räumlichkeiten unterhält. So etwa das Bull’s Eye, an dessen Angriff Lina eine Beteiligung vorgeworfen wird. Dessen Betreiber, Leon Ringl, ist eine Führungsfigur der Eisenacher Neonaziszene. Er unterhielt Kontakte zum internationalen Neonazi-Netzwerk “Atomwaffendivision”, die in den USA mehrere Terroranschläge begangen haben. Es geht hier also nicht um Rivalitäten der politischen Akteure, sondern um mordende, menschenverachtende Rassisten, die keinen Halt davor machen, andere Menschen mehr als nur mit Pfefferspray zu verschrecken. So sind Angriffe auf PoC und Linke in Eisenach keine Seltenheit und die Faschos können ihre Dominanz in der gesamten Stadt zeigen.

Es hat mehr als nur einen bitteren Beigeschmack, wenn die Rechtsterroristin und Rassistin Beate Zschäpe nur wenige Wände von Lina trennen. Und ob Schuld oder Unschuld Linas so sollte es doch beschämend sein, dass nach dem Oktoberfestattentat, Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, den Morden des NSU, Halle und Hanau (um nur weniges zu nennen) antifaschistischer Widerstand und Selbstverteidigung gegen diese Mörderbanden in einem solche Maße kriminalisiert wird.

Das Exempel, das nun an Lina statuiert wird zeigt den steigenden Ermittlungsdruck der Behörden gegen dieses Engagement. Die Ermittlungszahlen der Sokolinx explodieren ohne dass sie wirkliche Ermittlungserfolge vorweisen können. Schon in den Jahren 2011-2018 wurden im antifaschistischen Kontext nach Paragraph 129 Strukturermittlungen durchgeführt, welche zu keinen Verurteilungen führten, aber eine Vielzahl von Daten den Bullen überließen. Die Ermittlungen (nach Paragraph 129) folgen erfahrungsgemäß dem Ziel, Strukturen zu durchleuchten und diese zu zerschlagen. Somit fügt sich das aktuelle Verfahren in eine Reihe 129er Ermittlungen, die den Zweck der Kriminalisierung und Durchleuchtung antifaschistischen Engagements haben.

Untersuchungshaft für Lina lässt sich ähnlich beschreiben wie auch Ingrid Strobl, Autorin, Journalistin und in den 90ern als Teil der Roten Zora verdächtigt es damals beschrieb als man sie unter Terrorverdacht stellte: “Ich kam nach drei Monaten Totalisolation in den sogenannten Normalvollzug, wobei das Wort normal der blanke Zynismus ist. Im Knast ist nichts normal. … Meine Besucherinnen und Besucher kann ich nur hinter der Trennscheibe sehen. Das heißt, wir können uns nicht umarmen, nicht berühren, nicht fühlen. Neben mir sitzt eine Beamtin aus dem Knast, neben dem Besuch ein Bulle vom Landeskriminalamt, der jedes Wort mitschreibt.”

Corona verschlechtert diese ohnehin menschenunwürdige Situation nochmal. So darf Lina zur Zeit nur Familienangehörige und keine Freund:innen sehen. Seit nun mehr als 4 Monaten können wir Lina nicht sprechen.

Thomas Meyer Falk, der seit 1996 eingesperrt ist schreibt in einem öffentlichen Brief an Lina: Die Verhängung von Untersuchungshaft soll auch ganz direkt einen einschüchternden Effekt auf Menschen vor Ort ausüben und ihnen den Mut zum Widerstand nehmen. Sich aber nicht einschüchtern zu lassen, von nichts und niemanden, darauf kommt es unverändert an! Vielmehr müssen wir das Leben so nehmen, wie es Rosa Luxemburg in einem ihrer Briefe aus der Haft formuliert hat: “Tapfer, unverzagt und lächelnd trotz alledem!”.

Freiheit für alle Antifaschist:innnen
Weg mit Paragraf 129

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