Tod von George Floyd nach Polizeigewalt: Geballte Wut

veröffentlicht am 4. Juni 2020

Am Montagabend, den 25. Mai 2020, wurde der Afroamerikaner George Floyd von vier Polizeibeamten in Minneapolis, Minnesota, USA festgenommen. Obwohl die Festnahme laut der Aufnahmen einer Videokamera widerstandslos verlief, drückten sie Floyd zu Boden. Drei der Beamten knieten sich auf ihn. Der weisse Polizeibeamte Derek Chauvin kniete auf Floyds Nacken - insgesamt 8 Minuten und 46 Sekunden, von denen Floyd 2 Minuten und 53 Sekunden bewusstlos war. Floyd rief mehrfach: „I can’t breathe!“, „Ich kann nicht atmen!“.

Ein Ausruf, der bereits seit 2014 zu einer Parole im Kampf gegen Rassismus geworden war, nachdem der Afroamerikaner Eric Garner in New York auf die gleiche Weise von Polizist*innen ermordet worden war und ebenfalls „I can’t breathe!“ gerufen hatte. Auch auf die wiederholte Aufforderung von Passant*innen, die Beamten sollten von Floyd ablassen oder seinen Puls fühlen, kam keine Reaktion. Floyd verstarb wenig später. Sein Tod ist ein weiterer auf der langen Liste rassistisch motivierter Polizeimorde. Bis zu 1.000 sollen es jährlich in den USA sein, nur wenige werden juristisch verfolgt.

Der Umgang mit Rassismus im Polizeiapparat wird anhand folgender Zahlen deutlich: In Minneapolis gingen seit 2012 über 2.600 Beschwerden wegen Polizeigewalt und institutionellem Rassismus ein. In nur zwölf Fällen kam es daraufhin zu disziplinarischen Massnahmen. Und die schärfste dieser Massnahmen war eine 48-stündige Suspendierung vom Dienst.

Die rassistischen Strukturen dahinter sind sehr eindeutig: Schwarze Menschen waren zu über 60 Prozent betroffen von Polizeigewalt, obwohl sie nur 20 Prozent der Bevölkerung in Minneapolis ausmachen. Der tatverdächtige Derek Chauvin und die anwesenden drei Beamten wurden direkt nach dem Mord entlassen, allerdings erst am Freitag, nachdem die Proteste den öffentlichen Druck verstärkt hatten, wurde Chauvin verhaftet und wegen Mordes und Totschlag angeklagt. Seit 2008 lagen bereits 17 Beschwerden gegen ihn vor.

Foto von der Gerechtigkeit für George Floyd - Kundgebung in Berlin, Umbruch Bildarchiv

Floyds Tod kommt in einer Zeit, in der viele Menschen in den USA im Zuge des verheerenden Umgangs der Regierung mit der Covid-19-Pandemie ihren Job, ihre Krankenversicherung, ihre Wohnung oder ihr Leben verloren haben. Und so führen innerhalb eines rassistischen Systems der fehlende Zugang zur Gesundheitsversorgung, prekäre Arbeits- und beengte Wohnverhältnisse dazu, dass Afroamerikaner*innen 23% der Menschen ausmachen, die an Covid-19 gestorben sind. Obwohl sie nur 13% der (registrierten) Gesamtbevölkerung stellen. Auch die besonders gefährdeten Gefängnisinsass*innen in den USA sind überproportional afroamerikanisch - Folge eines rassistischen Strafsystems.

Floyds Tod passiert auch während der Amtszeit von Trump, der mit seiner spalterischen Art Konflikte befeuert, ein Klima von weisser Vorherrschaft propagiert, faktenfeindlich unterwegs ist und die Verfassung gerne zu seinen Zwecken anpassen möchte. Dass die Zerstörungswut der Proteste, die momentan allein in 30 Städten in den USA, in London, Berlin, Kopenhagen oder auf Zypern passieren, angeprangert wird, ist irritierend. Diese Wut ist schließlich Ausdruck für jahrhundertelange und anhaltende Ungleichbehandlung und Unterdrückung.

In den meisten Medien wird darüber berichtet, dass die Ausschreitungen von den friedlichen Protesten ablenken würden und dass es nichts mehr mit George Floyds Tod zu tun haben würde. Aber es hat alles damit zu tun. Es wurde ein Mensch umgebracht. Und nicht nur einer. Die rassistische Polizeigewalt hat System - in den USA und überall. Daraufhin zu erwarten, dass Menschen sich nett und freundlich auf die Strasse begeben, ist verlogen und zeugt von weisser Privilegiertheit.

Die Verurteilung der Riots von den Medien lenkt von den eigentlichen Beweggründen ab. Und diese sind nachvollziehbar. Kein Riot der Welt kann die Ungerechtigkeit ausdrücken - und alltägliche Polizeigewalt, Stigmatisierung und Ausbeutung sind nur ein Teil davon - die BIPoC (Black, Indigeneous und People of Color) täglich erfahren. Eine Demonstrantin in Berlin hielt ein Plakat hoch, das es auf den Punkt bringt: „If only our pain bothered you as much as our protests.“

Foto von der Solidaritätsaktion am 29. Mai vor der US-Botschaft in Bern, barrikade.info

Links:

Protest in Fairfiled, CA, am 2. Juni 2020

Demonstration in Copenhagen am 31. Mai 2020

Quelle: Auszug aus der antira-Wochenschau (KW 22) vom 3. Juni 2020 auf barrikade.info

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